Hilfe bei der Modernisierung

Interview von Staatsminister Erler mit der Berliner Zeitung zum Besuch des russischen Präsidenten Medwedew, 5.Juni 2008  

Damir Fras: Herr Erler, Präsident Medwedew kippt ein schärferes Mediengesetz, tauscht die Führung der Streitkräfte aus und will mehr Umweltschutz. Wie bewerten Sie das?

Gernot Erler: Wir beobachten, dass die Fragen nach der Kontinuität in Programm und Handeln des neuen Präsidenten allmählich beantwortet werden. Medwedew macht nach der Wahl das, was er vorher angekündigt hat. Das erfüllt unsere positiven Erwartungen.

Damir Fras: Erleben wir gerade die ersten Schritte eines Präsidenten, der sich vom Vorgänger grundlegend unterscheidet?

Gernot Erler: Medwedew würde jetzt antworten: Das wichtigste Kennzeichen des Führungswechsels in Moskau ist Kontinuität. Das ist eine ganz bewusste Ansage. Denn in strittigen Fragen wie dem US-Raketenabwehrsystem, wie dem möglichen Nato-Beitritt der Ukraine und Georgiens hat sich die russische Position nicht verändert. Daran wird auch der Besuch Medwedews in Berlin nichts ändern.

Damir Fras: Medwedew ist im Vergleich zu Putin zwar versöhnlicher im Ton, doch genauso hart in der Sache?

Gernot Erler: Ich glaube schon, dass Medwedew eigene Akzente setzen will. Das betrifft aber vor allem die künftigen Beziehungen zwischen Russland auf der einen und der EU und Deutschland auf der anderen Seite. Medwedew will die Volkswirtschaft und das Staatswesen modernisieren und die Abhängigkeit seines Landes von Energie-Exporten verringern. Er hat Sympathie für unsere Absicht, eine Modernisierungspartnerschaft mit Russland zu pflegen.

Damir Fras: Das heißt konkret?

Gernot Erler: Wir haben Angebote gemacht. Wir bieten Rat und Unterstützung für Umweltschutz-Projekte, für Energie-Effizienz, Programme für das Gesundheitswesen, für den Wohnungsbau, für Verwaltung und für den Rechtsstaat. Das ist es, was ich unter Modernisierungspartnerschaft im beiderseitigen Interesse verstehe.

Damir Fras: Das bekommt Medwedew heute in Berlin im Paket überreicht?

Gernot Erler: Lassen Sie uns abwarten. Ich kann nur sagen, dass sich die ersten Gespräche mit Medwedew, die etwa Außenminister Steinmeier vor kurzem in Russland geführt hat, gelohnt haben.

Damir Fras: Frisch im Amt ist Medwedew zuerst nach China gereist. Zeigt das nicht, dass sich Russland mehr in Richtung Osten orientieren will? Putin ist bei Amtsantritt vor acht Jahren zuerst nach London geflogen.

Gernot Erler: Medwedew hat ein ausgewogenes Reiseprogramm. Es entspricht der enormen bilateralen Agenda zwischen Russland und China, dass er schnell nach Amtsantritt nach Peking gereist ist. Aber es ist doch auffällig, dass die erste Westreise des neuen Präsidenten nach Berlin führt.