Gernot Erler: Komplettverbot von Streuwaffen führt nicht zum Erfolg

Interview im Deutschlandradio Kultur, 19. Mai 2008

Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), hat die Position der Bundesregierung hinsichtlich eines Verbots von Streumunition verteidigt.

Anlässlich der Konferenz in Dublin über eine Ächtung dieser Waffen betonte Erler, die Regierung befürworte das Ziel, Streubomben umfassend und möglichst bald zu verbieten. "Man darf aber auch nicht die Augen vor den Realitäten verschließen."

Viele Länder hätten ein großes Arsenal an diesen Waffen und seien nicht bereit, ein Verbot ohne Übergangszeit zu akzeptieren. Ein Stufenplan, wie ihn die Bundesregierung vorgeschlagen habe, sei "die einzige Chance, auch Länder wie die Vereinigten Staaten, Russland, China, Indien und Pakistan, Israel oder Brasilien mitzunehmen, was die Länder sind, die am ehesten über große Streumunition verfügen".
Das Konzept der Bundesregierung sehe vor, sofort solche Streubomben zu verbieten, deren Blindgängerquote über einem Prozent liegt. Anschließend solle es eine Übergangsfrist geben, bis auch die übrige derartige Munition aus dem Verkehr gezogen sein muss. Laut Erler wird ein solches Vorgehen von den meisten EU-Staaten, darunter Großbritannien, Frankreich und Italien, sowie Kanada, Australien und Japan unterstützt. Deshalb könne er sich "nicht vorstellen", dass die Konferenz in Dublin ein sofortiges Komplettverbot beschließen wird.

Es sei fraglich, ob man eine solche Entscheidung trifft, wenn ein Verbot "dann gar nicht wirksam ist, weil die wichtigsten Halter und Produzenten von Streumunition nicht dabei sind".

Der Staatsminister im Auswärtigen Amt wies den Vorwurf von SPD- und CDU-Verteidigungspolitikern zurück, die Bundesregierung nehme mit ihrer Haltung zu große Rücksicht auf den Verbündeten USA und die deutsche Rüstungsindustrie. Ähnlich äußerte sich der Geschäftsführer der Hilfsorganisation medico international, Thomas Gebauer.

Erler betonte, es habe weder Versuche der Rüstungsindustrie gegeben, die Haltung der Bundesregierung zu beeinflussen, "noch würden wir uns solchen Bemühungen fügen, wenn es sie geben würde". Im Übrigen habe der Bundestag diese Position bereits 2006 "einmütig befürwortet".