Abrüstungshilfe Deutschlands für Russland

Zur Unterzeichnung des Abkommens zwischen den USA und Russlands zum Umgang mit abgerüsteten Atomsprengköpfen und zur aktuellen Diskussion um den Beitrag Deutschlands zur Unterstützung dieses Projekts erklären Gernot Erler, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und die SPD-Bundestagsabgeordnete Uta Zapf, Vorsitzende des Unterausschusses für Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung:

Die Entscheidung der Bundesregierung, den Prozess der Umwandlung von Waffenplutonium durch Bereitstellung von Finanzmitteln zur Immobilisierung zu unterstützen und den Export der Hanauer Anlage nach Russland zu genehmigen, ohne diesen mit Hermes-Bürgschaften abzusichern, ist aus abrüstungs- und rüstungskontrollpolitischer Sicht vernünftig.

Das Problem, Plutonium für Waffenzwecke unbrauchbar zu machen, entstand in der Folge der atomaren Abrüstungsverträge, die zwischen den USA und Russland ausgehandelt worden sind (START I und II). Durch die Reduzierung atomarer Sprengköpfe wurde das Plutonium und das hochangereicherte Uran in diesen Sprengköpfen freigesetzt, wodurch neue Sicherheitsrisiken entstanden. Zurzeit finden Abrüstungsgespräche zwischen den USA und Russland statt (START III), die zu einer weiteren nuklearen Abrüstung führen sollen.

Die USA und Russland haben vertraglich vereinbart, je 34 Tonnen Waffenplutonium so umzuwandeln und zu sichern, dass dieses Waffenplutonium nicht mehr für Nuklearwaffen eingesetzt werden kann und Proliferationsrisiken (insbesondere in Russland) minimiert werden. Für eine sichere Lagerung von Waffenplutonium in Russland gibt es auf Grund der bisherigen Erfahrungen derzeit keine ausreichenden Garantien.

Für die Umwandlung beziehungsweise Sicherung des Waffenplutoniums stehen zwei Verfahren zu Verfügung:

· Die Umwandlung des Plutoniums in sogenannte Mischoxyde (MOX), die als Brennstoff für den Betrieb ziviler Kernkraftwerke genutzt werden können.

· Die Verglasung und anschließende Endlagerung des Plutoniums.

Die USA haben sich entschieden, 25,5 Tonnen des Plutoniums zu vermoxen und 8,5 Tonnen zu verglasen, Russland will 33 Tonnen vermoxen und 1 Tonne verglasen.

Die internationale Staatengemeinschaft (G 8) haben sich bereit erklärt, die Unschädlichmachung finanziell und technisch zu unterstützen.

Die Bundesregierung hat sich entschieden, die Abrüstung russischer Nuklearwaffen zu unterstützen, indem sie Finanzmittel zur Immoblisierung (Verglasung beziehungsweise Keramisierung) von russischem Waffenplutonium bereitstellen will. Diese Entscheidung ist aus abrüstungs- und rüstungskontrollpolitischer Sicht zu begrüßen.

Russland hat sich bereits vor vielen Jahren darauf festgelegt, das abgerüstete Waffenplutonium noch zivil zu nutzen. Vor diesem Hintergrund ist die Frage der Haltung gegenüber einem möglichen Export von Teilen der Hanauer-Brennelementefabrik zur Herstellung von Moxbrennstäben zu beurteilen. Aus abrüstungs- und rüstungskontrollpolitischer Sicht kommt es darauf an, dass abgerüstetes russisches Waffenplutonium möglichst rasch bearbeitet und umgewandelt wird, sodass das bestehende Proliferationsrisiko minimiert wird.

Durch den Export der Hanauer MOX-Anlage könnte der Umwandlungsprozess erheblich beschleunigt und die Kosten könnten gesenkt werden. Andernfalls müßte eine neue MOX-Produktionsanlage in Russland gebaut werden.

Die MOX-Brennelemente dürfen nach dem Wortlaut des unterzeichneten amerikanisch-russischen Abkommens nur in Russland verbrannt werden. Ein Export der Brennelemente in andere Länder bedarf der amerikanischen Zustimmung. Eine Wiederaufarbeitung ist bis zum Abschluss der Verarbeitung aller 34 Tonnen Plutonium (cirka im Jahr 2025) ausgeschlossen.

Die USA und Russland haben sich verpflichtet, ihren künftigen Vermoxungs-Betrieb kontrollieren zu lassen. Hierzu finden noch Verhandlungen zwischen Russland und den USA beziehungsweise mit der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) statt. Dieser Aspekt ist aus rüstungskontrollpolitischer Sicht wichtig und Deutschland sollte seinen Einfluss geltend machen, damit die Kontrollen möglichst IAEO-Standards entsprechen.

Es gibt zwischen Deutschland und Russland unterschiedliche Auffassung über die Zukunft der zivil genutzten Kernenergie. Diese Auffassungsunterschiede dürfen nicht dazu führen, den Prozess der atomaren Abrüstung zu behindern.