Keine vorzeitige Festlegung bei NATO-Erweiterung

Zur aufkommenden Diskussion über mögliche Kandidatenländer für die nächste Erweiterungsrunde der NATO erklärt der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Gernot Erler:

Die Bemühungen vieler Länder in Mittelost- und Südosteuropa, Mitglied der NATO zu werden, sind seit längerer Zeit bekannt. Ein Jahr vor dem NATO-Gipfel in Prag im November 2002 beginnt in interessierten Kreisen bereits eine öffentliche Diskussion darüber, welche Länder bei der anstehenden nächsten Erweiterungsrunde "dabei sein" werden.

In dieser Situation ist eine Klarstellung der offiziellen Haltung der SPD-Bundestagsfraktion geboten. Die SPD-Fraktion ist sich mit der Bundesregierung und allen Bündnispartnern über folgende Punkte einig:

1. Am Prinzip der "Offenen Tür" wird weiterhin festgehalten, eine Nullrunde in Prag ist daher eher unwahrscheinlich.

2. Jegliche künftige NATO-Erweiterung muss die Bewahrung der Funktionsfähigkeit und der militärischen Glaubwürdigkeit der Allianz gewährleisten.

3. Der Heranführungsprozess der Kandidaten erfolgt über den sogenannten "Membership Action Plan (MAP)". Der MAP-Prozess sieht nationale Reform- und Modernisierungsprogramme vor, über die von der Allianz Fortschrittsberichte erstellt werden.

4. Damit ist klar, dass sich die Entscheidung über die Beitrittskandidaten am zentralen Kriterium ihrer individuellen Beitrittsreife ausrichten wird.

5. Bis zum Frühjahrstreffen der NATO-Außenminister im Mai 2002 soll es keine Kandidatendiskussion mit einzelnen Länderbenennungen geben. Dies führt in der jetzigen Phase nur zu unnötigen Irritationen. Die Motivation aller Aspiranten ist gleichermaßen aufrecht zu erhalten, eine verfrühte Kandidatendiskussion würde den MAP-Prozess empfindlich stören oder sogar lähmen.

6. Weiterhin würde eine verfrühte Kandidatendiskussion die Bemühungen stören, nach Möglichkeit eine Akzeptanz der Russischen Föderation für den Erweiterungsprozess zu erreichen. An einer solchen Störung kann niemand ein Interesse haben.

Die SPD-Bundestagsfraktion wird die Fortschritte der einzelnen Kandidatenländer aufmerksam verfolgen. Sie wird ihre Haltung zur Kandidatenauswahl im nächsten Frühjahr in Abstimmung mit der Bundesregierung und den Verbündeten präzisieren. Alle darüber hinausgehenden vorzeitigen Festlegungsversuche können daher nur als persönliche Meinungsäußerungen gewertet werden.

19. Dezember 2001