SPD begrüßt deutsch-amerikanischen Dialog zur Südosteuropa-Politik

Zur ersten Konferenz deutscher und amerikanischer Südosteuropa-Experten erklärt der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Gernot Erler:

Seit Jahren bemühen sich Europa und hierbei besonders Deutschland sowie die USA darum, die Konflikte in Südosteuropa zu lösen und diese Region zu stabilisieren und zu entwickeln. Die verschiedenen Beiträge reichen von humanitärer Hilfe über gesellschaftspolitische Maßnahmen, Wirtschaftsförderungs- und Infrastrukturprojekte bis hin zu massiven militärischen Interventionen wie im Kosovo-Krieg.

Sieht man von den militärischen Maßnahmen ab, wo es eine relativ gut funktionierende verbindende Klammer durch die NATO gibt, sind die vielfältigen Aktivitäten bisher fast ausschließlich ohne transatlantische Koordination erfolgt. Es gibt zwischen den vielen Akteuren diesseits und jenseits des Atlantiks weder ein Gesamtkonzept für den Balkan noch wirksame Absprachen zur Vermeidung von Friktionen durch unkoordinierte Mehrfachaktivitäten.

Um diesen unbefriedigenden Zustand zu verbessern, hat jetzt ein erstes deutsch-amerikanisches Südosteuropa-Experten-Treffen stattgefunden. Auf Einladung der Südosteuropa-Gesellschaft und des Auswärtigen Amtes trafen sich in der "Europäischen Akademie" in Berlin 13 deutsche und sieben amerikanische Südosteuropa-Experten sowie vier Vertreter internationaler Organisationen, darunter der neue Koordinator des Stabilitätspaktes, Dr. Erhard Busek. Die Konferenz, die in einer sehr freundschaftlichen Atmosphäre stattfand, zeigte das große Bedürfnis auf, sich auszutauschen und die zum Teil differierenden Meinungen zu diversen südosteuropäischen Themen zu diskutieren.

Für die Europäer interessant war, dass es bei den amerikanischen Experten durchaus unterschiedliche Ansichten darüber gab, inwieweit und wie schnell Amerika sein Engagement auf dem Balkan reduzieren wird. Unmissverständlich klar wurde aber, dass das Interesse der USA an dieser Region nach den Ereignissen des 11. September 2001 und den daraus resultierenden weltweiten Verpflichtungen der USA geringer geworden ist. Das amerikanische Engagement auf dem Balkan wird sich künftig vornehmlich an den Themen Kampf gegen den Terrorismus und gegen die organisierte Kriminalität ausrichten.

Daraus resultiert, und auch das wurde sehr deutlich, dass die USA von Europa noch mehr Engagement in Südosteuropa erwarten als bisher. Schließlich wolle ja kein südosteuropäisches Land 51. oder 52. Staat der USA werden, sondern alle strebten die Mitgliedschaft in der EU an. Europa müsse daher auch die Hauptverantwortung für diese Region übernehmen. Die künftige europäische "lead-function" müsse soweit ausgebaut werden, "that the United States can follow". Es war unüberhörbar, dass hier vor allem mehr Verantwortungsübernahme im militärischen Bereich gemeint war, was besonders auf Deutschland bezogen wurde.

Sehr deutlich war die Aufforderung an die Europäer, sich in der NATO eindeutig für eine Erweiterung auch um die beiden Länder Rumänien und Bulgarien einzusetzen. Vor dem Hintergrund, dass die EU-Integration dieser Länder noch viel Zeit brauche, sehen die amerikanischen Experten den NATO-Beitritt als einen wichtigen Schritt zur dringend notwendigen Stabilisierung dieser Staaten.

Hinsichtlich der Zukunft der Bundesrepublik Jugoslawien wurde sichtbar, das man in Amerika viel unbefangener über die Fragen des Endstatus von Kosovo und Montenegro nachdenkt als in Europa. Bei dieser Problematik wurde deutlich, wie wichtig es ist, den Dialog mit den USA zu intensivieren, besteht doch gerade hier die Gefahr, dass die betroffenen Länder unterschiedliche und sich sogar widersprechende Signale aus dem Westen erhalten.

Auch wenn es noch ein langer Weg bis zu einem gemeinsamen Gesamtkonzept für Südosteuropa sein wird, war diese Konferenz doch ein erster wichtiger Ansatz, europäische und amerikanische Politik in Südosteuropa besser zu verzahnen.

5. März 2002