Presseerklärung vom 22. Oktober 2002

Wahlsieg Djukanovics stärkt Selbstbestimmungswillen in Montenegro

Zum Ausgang der Wahlen in Montenegro erklärt der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Gernot Erler:

Der deutliche Wahlsieg von Präsident Milo Djukanovic bei den mit Spannung erwarteten Wahlen führt in erster Linie dazu, dass die Regierung in Montenegro einen Zuwachs an Legitimität erhält. Der Machtzuwachs gründet sich dabei nicht nur zahlenmäßig auf die gewonnene absolute Mehrheit der Mandate, sondern auch moralisch auf die ungewöhnlich hohe Wahlbeteiligung. Djukanovic kann die schwierigen Verhandlungen über die Gestaltung der künftigen Zusammenarbeit mit Serbien nun mit größerem Eigengewicht und mehr Unabhängigkeit weiterführen. Die Anhänger Milosevics und einer sehr engen Anbindung an Serbien sind eindeutig geschwächt worden. Es ist zu hoffen, dass dieses Wahlergebnis von der unterlegenen Seite nun auch akzeptiert wird und dass damit auch insgesamt die Stabilität des Landes erhöht wird.

Zu erwarten ist nun allerdings, dass die Unabhängigkeitsbestrebungen wieder deutlicher als je zuvor artikuliert werden. Djukanovic, der mit der Forderung nach völliger Autonomie groß geworden war, dann aber auf Druck der EU dem Belgrader Abkommen der Bildung eines Staates "Serbien und Montenegro" zugestimmt hat, wird nun bestimmt sein eigentliches Ziel wieder konsequent und mit mehr Rückendeckung aus der Bevölkerung weiterverfolgen. Dabei wird die Regelung, die es den beteiligten Republiken nach drei Jahren freistellt, die Union wieder zu verlassen, zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Für die Europäische Union, die bisher an einem Zusammenhalt von Serbien und Montenegro interessiert war, wird die Sache nicht einfacher werden. Die EU steht nun vor der Aufgabe, den abzusehenden weiteren Desintegrationsprozess so zu begleiten, dass dieser Prozess einerseits weiterhin friedlich verläuft und die regionale Stabilität gewahrt bleibt, dass aber andererseits die auseinanderstrebenden Staaten innerlich stabil bleiben und eine selbsttragende ökonomische Entwicklung gewährleistet wird.