Presseerklärung vom 16. August 2005

Der Iran und das beredte Ausweichen der CDU

Zur Kritik der Opposition an Äußerungen von Bundeskanzler Gerhard Schröder zur Iran-Krise erklärt der Stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Gernot Erler:

Wolfgang Schäuble kennt den Unterschied genau: Die EU, vertreten durch Deutschland, Frankreich und Großbritannien, versucht mit einer Einbindungs- und Verhandlungsstrategie die Probleme mit der iranischen Atompolitik zu lösen. Für den amerikanischen Präsidenten steht der Iran seit Januar 2002 als Nr. 2 (nach dem Irak) auf der \"Achse des Bösen\" und er ließ das Land nach seiner Wiederwahl zur Nr. 1 aufrücken bei der sechsköpfigen Liste der \"Vorposten der Tyrannei\". Washington setzt, wie beim Irak, auch im Iran offen auf Regime Change. Die amerikanischen Zweifel an der Einbindungs- und Verhandlungsstrategie der EU-Partner verstummten nie. Dass der US-Präsident am Wochenende wieder einmal den Knüppel der militärischen Drohung schwang, belegt nur erneut, dass weder in der Weltgemeinschaft noch in der westlichen Welt bei der Behandlung der Iran-Frage Einigkeit herrscht. Und das wissen Wolfgang Schäuble und Friedbert Pflüger recht gut.

Trotzdem unterstützen sie den Bundeskanzler nicht, wenn der die Positionen der EU vertritt und die Vereinigten Staaten auffordert, die militärischen Optionen vom Tisch zu nehmen. Wider besseres Wissen beschuldigen sie Gerhard Schröder, sein Beharren auf der europäischen Verhandlungslösung spalte die Weltgemeinschaft. Und Schäuble weicht aus bei der Frage, welche Haltung denn die Union zu Sanktionen gegen den Iran habe. Die Frage einer militärischen Option (die Präsident Bush gerade wieder aufgeworfen hat) stelle sich nicht.

Es ist dasselbe Muster wie beim Irakkrieg. Die Unionssprecher fallen der Politik des eigenen Landes in den Rücken, die in diesem Fall sogar von der gesamten EU geschlossen getragen wird, weil sie die angebliche Geschlossenheit der Weltgemeinschaft gefährde - womit aber nur der amerikanische Anspruch auf die volle Kontrolle der Politik dieser Weltgemeinschaft gemeint sein kann. Das Ausweichen bei der Frage, wie man es mit der militärischen Drohung halte, kann nur heißen: CDU/CSU halten die militärische Option, die das Gegenteil zur EU-Politik darstellt und deren Erfolg erschwert, für richtig.

Bisher haben die Schäubles und Pflügers geradezu demonstrativ das Bemühen der Bundesregierung um eine Verhandlungslösung mit dem Iran unterstützt. Ein einziges kritisches Wort zu der von Präsident Bush erneut betonten, von der EU aber als kontraproduktiv und unrealistisch angesehenen militärischen Option, reicht ihnen schon aus, um auf Distanz zur Politik des Bundeskanzlers und der EU zu gehen. Dieser Reflex sagt mehr über die Friedenspolitik der CDU/CSU aus als die tausendfachen Versicherungen, auch eine Kanzlerin Merkel würde keine Soldaten in den Irak schicken. Für die Parallel-Wahrnehmung der christdemokratischen Gefolgschaftspolitik in Sachen Irak und Iran trägt die Union die alleinige Verantwortung.