Wir bieten Kiew unsere aktive Unterstützung an

Interview Nordwest Zeitung, 22. Mai 2015

Andreas Herholz, Büro Berlin

Im Interview: Gernot Erler, Russland-Beauftragter Zur Person: Der SPD-Politiker Gernot Erler (71) ist seit Januar 2014 Russland-Beauftragter der Bundesregierung.

Frage: Welche Impulse kann der EU-Osteuropagipfel in Riga für die Lösung der Ukraine-Krise bringen?

Erler: Der Gipfel wird noch einmal deutlich machen, dass die EU jede militärische Lösung des Ukraine-Konflikts ausschließt, dass sie allein auf eine politische Lösung setzt und dass dabei die Umsetzung der 13 Punkte des Minsker Maßnahmenpakets den entscheidenden Prozess ausmacht.

Frage: Der ukrainische Außenminister Pawel Klimkin fordert eine klare EU-Beitrittsperspektive für sein Land. Ist das nicht ein berechtigtes Anliegen?

Erler: Die Ukraine hat derzeit die Perspektive, in Wahrnehmung der großen Möglichkeiten des EU-Assoziierungsabkommens und der umfangreichen Hilfen, die das Land von der EU erhält, assoziiertes Mitglied der EU zu werden. Das ist ein langer und anspruchsvoller Weg, verbunden auch mit zahlreichen Reform- und Transformationsanstrengungen, von denen viele wenig populär sein werden.

Frage: Die Umsetzung des zweiten Minsker Abkommens lässt auf sich warten. Ist auch dieser Versuch für einen Frieden gescheitert?

Erler: Nein. Aber es gibt ernsthafte Lücken und Defizite in der Umsetzung des Minsker Fahrplans. Die EU wird nicht nachlassen, die Umsetzung des Minsker Maßnahmenpakets einzufordern – Punkt für Punkt. Und sie wird die Nichterfüllung dessen, was gemeinsam unterschrieben wurde, nicht hinnehmen, egal wer es ist, der die getroffenen Abmachungen nicht beachtet oder verletzt.

Frage: Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert von der Ukraine erneut stärkere Anstrengungen für Reformen. Was kann die Regierung von Petro Poroschenko jetzt für die Stabilisierung des Landes tun?

Erler: An allererster Stelle steht die Umsetzung des Minsk-Pakets: An mehreren Stellen steht hier neben Moskau auch Kiew noch in der Bringschuld. Ansonsten listet das Assoziierungsabkommen mit der EU das ganze europäische Erwartungspaket auf. Wichtige aktuelle Punkte sind die Kontrolle und Auflösung der privaten Milizen, die Transformation des Oligarchensystems und der Kampf gegen Korruption und Vetternwirtschaft. Dazu hat die Bundesregierung immer wieder, zuletzt in der Regierungserklärung der Kanzlerin vom Donnerstag, ihre aktive Unterstützung angeboten.