Russlandbeauftragter Erler lobt jüngste Ukraine-Fortschritte
Interview in der Nordwestzeitung, 22. Januar 2015.
Der Russlandbeauftragte der Bundesregierung sieht nach dem jüngsten Ukraine-Krisentreffen in Berlin Anlass für vorsichtigen Optimismus.
Frage: Kein Durchbruch, aber kleine Fortschritte, heißt es nach dem Außenministertreffen am Mittwochabend in Berlin. Moskau und Kiew haben sich auf den Abzug schwerer Waffen verständigt. Was ist diese Vereinbarung wert?
Erler: Es ist gut, dass es zu diesem Treffen gekommen ist. Die Gefahr ist groß, dass sich in der Ostukraine wieder die Logik des Krieges durchsetzt und sich die Zahl der Opfer weiter erhöht. Das Treffen macht Hoffnung, dass jetzt wieder der politische Prozess in den Vordergrund rückt. Es gibt wahrnehmbare Fortschritte wie den Rückzug der schweren Waffen entlang der im September 2014 vereinbarten Trennlinie.
Frage: Bleibt auch von diesem Beschluss am Ende wieder einmal nur bedrucktes Papier?
Erler: Das müssen wir verhindern. Jetzt soll erst einmal so rasch wie möglich die sogenannte Kontaktgruppe zusammentreten. Das sind Vertreter der Ukraine, Russlands und der Separatisten unter Moderation der OSZE. Damit ist Russland wieder als Konfliktpartner im Spiel und mit am Verhandlungstisch.
Frage: Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko spricht von einer Besetzung der Ostukraine. Droht am Ende doch ein Krieg?
Erler: Spätestens seit Juli 2014 ist ganz offensichtlich, dass es Kriegsereignisse in der Ostukraine gibt. Jetzt besteht die Gefahr, dass sich dies ausweitet und womöglich zu einem Krieg zwischen zwei Staaten, zwischen Russland und der Ukraine, führt. Das müssen wir auf jeden Fall verhindern. Das Treffen in Berlin und die Ergebnisse sind da eine kleine Ermutigung.
Frage: Die Ukraine will jetzt ihre Armee um 68 000 Soldaten aufstocken. Ist diese Mobilmachung nicht ein Schritt in Richtung weiterer Eskalation?
Erler: Wir müssen jetzt klären, ob der politische Ansatz in Kiew überhaupt noch mit dem Ansatz der Europäischen Union vereinbar ist. Für die EU war und ist weiter klar, dass es keine militärische Lösung für die Ostukraine geben kann, sondern nur eine politische. (Der ukrainische) Präsident Poroschenko hat gerade erst in Davos versichert, dass es keine militärische Lösung gibt. Da muss man ihn beim Wort nehmen. Die Aufstockung der Armee und die aggressiven Töne aus Kiew passen dazu natürlich nicht. Das ist erklärungsbedürftig.