Syrien: Keine Lösung ohne Region und Arabische Liga
Zur aktuellen Diskussion über die Situation in Syrien erklärt der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Gernot Erler:
Die Diskussion über ein mögliches militärisches Eingreifen in Syrien zwischen den führenden Mächten des Westens wirkt abgehoben - von ihren völkerrechtlichen und regionalen Voraussetzungen. Die Massaker in Haula und Homs und die anhaltenden Kämpfe verstärken den Druck auf die Vereinten Nationen, sich mit den eklatanten Verstößen des Assad-Regimes gegen die "Schutzverantwortung" zu beschäftigen. Wenn Moskau und Peking das verhindern, muss der Druck auf diese beiden Veto-Mächte umgeleitet werden. Die Feststellung grober Verstöße gegen die Schutzverantwortung führt keineswegs automatisch zu einem UN-gedeckten militärischen Eingreifen. Im Gegenteil: Alle anderen Maßnahmen haben Vorrang. Noch immer muss alles versucht werden, die Beteiligten auf den Pfad von Kofi Annans Sechs-Punkte-Plan zurückzubringen. Eine abstrakte Für- und Wider-Diskussion über einen militärischen Eingriff wird den völkerrechtlichen Grundlagen nicht gerecht.
Die Diskussion im Dreieck Europa-USA-Russland lenkt ab von der Verantwortung der Region selbst. Es ist eigenartig still geworden um die Arabische Liga. Ihre gescheiterte Beobachtermission kann keine Legitimation dafür sein, das ganze Problem allein in die Hände der Weltgemeinschaft zu legen. Eine politische Lösung des Problems, aber auch eine, die militärische Mittel auf der genannten völkerrechtlichen Grundlage einbezieht, kann jedoch ohne eine aktive Mitbeteiligung und Mitwirkung der Region und speziell der Arabischen Liga nicht funktionieren.
31. Mai 2012