De Maiziere torpediert Afghanistan-Konsens

Zu Äußerungen von Verteidigungsminister de Maiziere, der Afghanistan-Abzug der Bundeswehr dürfe nicht übereilt stattfinden, erklärt der Stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Gernot Erler:

Wer eine Reduzierung von ca. 10 Prozent der in Afghanistan stationierten Bundeswehrsoldaten für übereilt hält, glaubt vermutlich auch, dass Schnecken Geschwindigkeitsrekorde aufstellen können.

Die internationale Gemeinschaft hat sich verbindlich festgelegt, dass bis Ende 2014 die Sicherheitsverantwortung vollständig an die Afghanen übergehen soll. Die internationalen Kampftruppen werden bis dahin das Land verlassen haben. Die sogenannte „Transition" wurde bereits in diesem Jahr in die Wege geleitet - nach Angaben der Bundesregierung mit Erfolg.

Insofern wäre es nur konsequent, wenn parallel dazu auch die Bundeswehr mit dem Rückzug ihrer Truppen beginnen würde. Eine Größenordnung von 10 Prozent der ca. 5.000 eingesetzten Bundeswehrsoldaten wäre dabei durchaus angemessen. Diese Größenordnung entspräche in etwa dem von den USA angekündigten Teilrückzug bis zum Jahresende, der eine Reduzierung um 10.000 ihrer insgesamt 100.000 Soldaten vorsieht. Niemand kam bisher auf die Idee, den Amerikanern deshalb einen übereilten Rückzug zu unterstellen und Obamas Entscheidung als „politische Symbolik" (de Maiziere) zu kritisieren.

Mit seiner Weigerung, sich diesem Prozess anzuschließen, gefährdet der Verteidigungsminister das Vertrauen in die Berechenbarkeit deutscher Afghanistanpolitik. Der bis heute bestehende Konsens in der Afghanistanpolitik basiert nicht zuletzt auf der Perspektive eines angekündigten kontinuierlichen Rückzugs der Bundeswehr. Diesen Konsens torpediert de Maiziere und versenkt damit auch die Glaubwürdigkeit von Außenminister Westerwelle, der verzweifelt versucht, die gemachten Zusagen zu halten.

25.Oktober 2011