Einziger Verlierer: Serbien

Zu den Unruhen an den Grenzen des Nord-Kosovo erklärt der Stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Gernot Erler:

Die Priorität des Moments heißt Deeskalation: Gut, dass Hashim Thaci seine Sonderpolizeieinheiten zurückgezogen hat. Gut, dass Präsident Tadic die Serben in Nord-Kosovo zur Einstellung aller Gewalttaten auffordert. Weniger gut passt zum prioritären Deeskalationsziel, dass Thaci alle Schuld auf Belgrad schiebt und Tadic den Einsatz der Kosovo-Polizei vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verurteilt sehen will. Die scharfe Verurteilung der Ausschreitungen durch Lady Ashton („inakzeptabel", „untragbar") drückt auch einen weit über die EU hinaus verbreiteten Überdruss an den serbisch-kosovarischen Querelen aus, die trotz des Verhandlungsprozesses immer wieder aufbrechen.

Hauptverlierer dieser Entwicklung wird Serbien sein. Die ungeklärte Statusfrage hat den Zollkrieg ausgelöst (weil Belgrad keine kosovarischen Zollstempel akzeptiert), der Zollkrieg hat zum wechselseitigen Warenembargo geführt, dessen Durchsetzung zu den aktuellen Gewalttaten - und am Ende winkt die Weltgemeinschaft ermüdet ab: immer diese sinnlosen, vergangenheitsorientierten Komplikationen!

Belgrad hat ein Ziel, das auch mit Status zu tun hat: EU-Beitrittskandidat zu werden. Die Festnahme und Überstellung der zwei mutmaßlichen Kriegsverbrecher Mladic und Hadzic an Den Haag haben die Aussichten verbessert. Das Niederbrennen von Jarinje und die gewaltsamen Ausschreitungen vor Ort samt Schüssen auf KFOR-Soldaten verdunkeln den Mladic-Hadzic-Bonus. Ohne eine Normalisierung im Umgang mit Kosovo wird es keine EU-Zukunft Serbiens geben.

28. Juli 2011