Chodorkowski-Urteil: Rückschlag für Medwedew – Reformkräfte weiter unterstützen

Pressemitteilung, 27. Dezember 2010

Zur erneuten Verurteilung des früheren Yukos-Chefs Michail Chodorkowski erklärt der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Gernot Erler:

Der heutige Schuldspruch gegen Michail Chodorkowski ist ein Rückschlag für die Reformbemühungen des russischen Präsidenten. Umso wichtiger ist es jetzt, diejenigen Kräfte in Russland zu unterstützen, die für eine Modernisierung und Öffnung des Landes eintreten.

Der Name Chodorkowski ist längst zum Synonym für die rechtsstaatlichen Probleme Russlands geworden. Dass einem Menschen in derselben Angelegenheit zweimal mit unterschiedlichen Beschuldigungen der Prozess gemacht wird, verletzt auf eklatante Weise grundsätzliche Prinzipien des Rechtsstaats.

Das heutige Urteil zeigt: Russland braucht dringend eine junge Juristengeneration, die mit den Regeln des Rechtsstaats vertraut ist. Präsident Medwedew hat wiederholt und eindringlich Rechtsreformen gefordert. Er hat bereits sehr früh erkannt, dass bürgerliche Rechte und Freiheiten untrennbar mit der wirtschaftlichen und technologischen Entwicklung des Landes verknüpft sind. Daher sollte dieser Ansatz auch von der Bundesregierung im Rahmen der Modernisierungspartnerschaft verstärkt aufgegriffen werden. Es entspricht schließlich dem Kerngedanken der Modernisierungspartnerschaft, der russischen Seite eine Zusammenarbeit in den Bereichen anzubieten, in denen sie selbst Reformbedarf einräumt.

Die Bremserrolle, die die Bundesregierung in der Frage der Visa-Liberalsierung innerhalb der EU einnimmt, ist nicht mehr zeitgemäß. Der Abbau von Reisehemmnissen kann einen wichtigen Beitrag zur Öffnung und damit auch zur gesellschaftlichen Modernisierung Russlands leisten.

Der durch das Urteil entstandene Imageschaden ist groß und dürfte auch auf potenzielle ausländische Investoren, auf die das Land nach wie vor dringend angewiesen ist, abschreckend wirken. Ein Land, in dem sich die Qualität des Investitionsklimas eher über gute Kontakte zu den Entscheidungsträgern als über gesetzliche Rahmenbedingungen definiert, dürfte auf längere Sicht ein Problem haben, ausreichend neues Kapital ins Land zu holen.

Umso mehr ist es jetzt an der Zeit, verstärkt diejenigen Kräfte zu unterstützen, denen an einer wirklichen und nachhaltigen Modernisierung Russlands, die alle gesellschaftliche Bereiche erfasst, gelegen ist.