Seehofer agiert beliebig – Die Position der SPD ist klar

Pressemitteilung, 13. Mai 2010

Zur 180-Grad-Wende des bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer in der Wehrpflichtfrage und zur heutigen Beratung eines Positionspapiers der SPD-Bundestagsfraktion zur Zukunft von Wehr- und Zivildienst, erklären die beiden stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion Gernot Erler und Dagmar Ziegler:

Mit immer neuen und unausgegorenen Reformideen sorgen die Minister zu Guttenberg und Schröder seit Wochen unter den jungen Menschen für tiefe Verunsicherung. Jetzt hat sich auch CSU-Chef Horst Seehofer erneut in die Debatte eingeschaltet und für erhebliche Irritationen gesorgt. Nachdem Seehofer monatelang das Festhalten an der Wehrpflicht zum Markenkern der Union und damit als unantastbares Dogma erklärt hatte, überraschte er seine eigene Partei und die Öffentlichkeit am Wochenende mit der Feststellung, die Wehrpflicht könne sicherheitspolitisch nicht mehr begründet werden. Worauf Seehofers neueste Erkenntnis beruht, bleibt sein Geheimnis. Denn eine neue Sicherheitsanalyse seitens der Bundesregierung, die sich grundlegend von bislang gültigen Analysen unterscheidet, ist nicht bekannt.

Die SPD-Bundestagsfraktion fordert die Bundesregierung daher auf, die reformpolitische Irrfahrt zu beenden und der Öffentlichkeit endlich klare und detaillierte Pläne für die Reform der Bundeswehr und die Zukunft von Wehr- und Zivildienst vorzulegen. Die SPD hat bereits auf ihrem Hamburger Parteitag 2007 beschlossen, einen freiwilligen Wehrdienst einzuführen und zugleich die freiwilligen sozialen Dienste zu stärken. Wir begrüßen, dass Verteidigungsminister zu Guttenberg sich in Richtung dieses Konzeptes bewegt und fordern von ihm eine rasche Umsetzung dieses Modells, um das mit der Verkürzung des Wehrdienstes auf sechs Monate angerichtete Chaos innerhalb der Bundeswehr so schnell wie möglich zu beenden.

Die anstehenden und notwendigen Reformen des Wehr- und Zivildienstes müssen als Chance für eine Stärkung unserer Bürgergesellschaft verstanden und genutzt werden. Wir fordern einen konsequenten Ausbau der Freiwilligendienste. Die bislang für den Zivildienst verwandten Mittel sind vollständig zur Stärkung der Freiwilligendienste einzusetzen. Einen staatlich organisierten "freiwilligen Zivildienst" oder einen sozialen Pflichtdient lehnen wir ab. Es geht bei dieser Reform auch darum, einen wichtigen Schritt zur Stärkung unserer Bürgergesellschaft zu unternehmen. Wir vertrauen auf selbstbestimmte junge Menschen, die freiwillig und aus innerer Überzeugung Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen. Die Bereitschaft dazu ist groß.

Zehntausende junge Frauen und Männern erklären sich Jahr für Jahr bereit, einen Jugendfreiwilligendienst zu absolvieren und ihre Kraft, ihre Zeit und ihre Kompetenzen in unterschiedliche gesellschaftliche Bereiche einzubringen. Verteidigungsminister zu Guttenberg und Familienministerin Schröder sind dabei, diese Chance fahrlässig zu verspielen. Sie behandeln die anstehenden Reformen vor allem als technisch-administrative Aufgabe und beschränken sich darauf, die Widerstände innerhalb der Koalition einzudämmen und kleinzureden. Sie vergeben damit die große Chance, die in einem von einer breiten Mehrheit getragenen Struktur- und Paradigmenwechsel hin zur Freiwilligkeit liegt.

Konkret fordern wir, dass sich die Zahl der eingeplanten Freiwilligen am tatsächlichen Bedarf der Bundeswehr orientiert und Anreize geschaffen und ausgebaut werden, die einen Freiwilligendienst - bei der Bundeswehr oder in einem Jugendfreiwilligendienst - für junge Menschen attraktiv machen.

Dazu gehören unter anderem

sowie speziell für junge Menschen bei der Bundeswehr

Junge Menschen in Deutschland sind bereit, ihren Dienst für die Gemeinschaft zu leisten, ob in der Bundeswehr oder in den Freiwilligendiensten. Jetzt ist die Zeit, bürgerschaftliches Engagement weiter zu stärken, Mut zu zeigen für mehr Verantwortung und Freiwilligkeit. Wir wollen nicht die Debatten von gestern führen und wir wollen nicht, dass die Chance zu wegweisenden Reformen im Streit der Koalitionspartner versandet. Gefragt sind Reformbereitschaft und Entschlusskraft, um unsere Gesellschaft moderner, offener und selbstverantwortlicher zu gestalten. Dafür stehen wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten.

Positionspapier zur Zukunft von Wehr- und Zivildienst