Kirgistan in Not – Westerwelle schaut weg

Presseerklärung, 21. April 2010

Zur anhaltend instabilen Situation in Kirgistan und zur auffälligen Passivität von Außenminister Westerwelle in dieser Situation erklärt der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Gernot Erler:

Die Ausreise des gestürzten kirgisischen Präsidenten Bakijew über Kasachstan nach Weißrussland hat nicht zur erhofften Stabilisierung der Lage in Kirgistan geführt. Immer wieder aufflammende Unruhen, bei denen in den vergangenen Tagen auch erneut Tote zu beklagen waren, lassen Zweifel an der Stabilität und Autorität der Übergangsregierung unter Rosa Otunbajewa aufkommen.

Umso wichtiger wären jetzt unterstützende Maßnahmen aus dem Ausland. Doch während Russland und die USA bereits entsprechende Signale nach Bischkek ausgesandt und direkte Gespräche mit der neuen Regierung geführt haben, hört man aus Berlin und Brüssel so gut wie gar nichts. Westerwelle schweigt und sieht mehr oder weniger tatenlos zu, wie ein Land droht, im Bürgerkrieg zu versinken. Die ganze Region, die sich in unmittelbarer Nähe zu Afghanistan befindet, wird dadurch weiter destabilisiert. Mehr Gründe für ein deutsches und europäisches Engagement kann es eigentlich kaum geben.

Dabei verfügt Außenminister Westerwelle über umfangreiche Expertise in seinem Haus. Unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2007 wurde die EU-Zentralasienstrategie entwickelt. Mit ihr besitzt die EU ein Instrument, Einfluss auf die Entwicklung in der Region zu nehmen und sich vor Ort zu engagieren. Deutschland hatte in diesem Bereich innerhalb der EU eine Führungsrolle. Warum der deutsche Außenminister die jetzige Krisensituation nicht zum Anlass nimmt, die EU stärker als Akteur bei der Überwindung der innenpolitischen Krise in Kirgistan in die Pflicht zu nehmen und so Buchstaben und Geist der Zentralasienstrategie gerecht zu werden, bleibt sein Geheimnis.

Es ist leider nicht das erste Mal, dass Westerwelle den Eindruck vermittelt, für die Niederungen der Außenpolitik kein wirkliches Interesse zu haben. Deutschland und die EU vertun jedoch eine große Chance, wenn sie ihre Passivität nicht bald überwinden, und werden sich später womöglich einmal fragen lassen müssen, warum sie nicht frühzeitiger tätig geworden sind.