Ausbildung von Soldaten im Süden Afghanistans nicht ausschließen

Interview von Gernot Erler in der Passauer Neuen Presse vom 7. August 2007 

PNP: Gibt es neue Erkenntnisse im Fall der deutschen Geisel in Afghanistan?

Erler: Leider gibt es bisher keine positiven neuen Nachrichten. Der Krisenstab des Auswärtigen Amtes und die zuständigen afghanischen Behörden setzen die intensiven Bemühungen zur Befreiung der zweiten deutschen Geisel fort. Die Verhandlungsführung liegt bei der afghanischen Regierung. Es gibt keine neue Entwicklung.

PNP: In der Regierung soll es unterschiedliche Auffassungen über die Strategie zur Befreiung der Geisel geben.

Erler: Diese Diskussion und die Spekulationen in der Öffentlichkeit sind nicht hilfreich. In der Bundesregierung gibt es keine inhaltliche Auseinandersetzung über die Vorgehensweise im Fall des in Afghanistan entführten Deutschen. Wir sind uns über die Strategie völlig einig. Die Bundesregierung hat mehrfach erklärt, dass wir nicht erpressbar sind, aber das Menschenmögliche und das Verantwortbare tun, um die Geisel freizubekommen.

PNP: Außenminister Steinmeier hat sich für eine Ausweitung des Afghanistan-Einsatzes ausgesprochen. . .

Erler: Wir werden jetzt eine gründliche Debatte darüber führen, wie der gemeinsame Afghanistan-Einsatz angelegt werden muss, damit er zum Erfolg führt. Vor allem die Ausbildung der afghanischen Armee und der Polizei gilt es weiter auszubauen. Hier gibt es Defizite, die schnell behoben werden müssen. Wir brauchen eine deutlich bessere Ausbildung und müssen prüfen, ob dies mit der bisherigen Stärke des Bundeswehrkontingents machbar ist.

PNP: Sollte die Bundeswehr auch im Süden eingesetzt werden?

Erler: Im Vordergrund steht der Erfolg der Mission. Deshalb sollte man bei der jetzt zu führenden Diskussion auch bestimmte Einsatzmöglichkeiten nicht von vornherein ausschließen. Das gilt auch für die Ausbildung von afghanischen Soldaten im Süden.

PNP: Auch aus der SPD gibt es heftige Kritik an der „Operation Enduring Freedom", dem Einsatz gegen Terroristen.

Erler: Diese Debatte wird nicht nur in der SPD-Fraktion geführt. Die Kritik richtet sich vor allem gegen die hohe Zahl an zivilen Opfern. Die NATO hat bereits reagiert: Jeder Einsatz soll künftig sorgfältiger geprüft werden. Der Besuch des afghanischen Präsidenten Karzai in Camp David bei US-Präsident Bush dient auch der Beratung dieser Probleme. Die vielen zivilen Opfer gefährden den Gesamterfolg der internationalen Gemeinschaft. Hier muss es einen Strategiewechsel geben. Die Zahl der zivilen Opfer muss deutlich verringert werden.

Interview: Andreas Herholz