SPD-Politiker kritisiert Reformtempo der Türkei
Unmittelbar vor der Reise von Kanzler Gerhard Schröder in die Türkei hat der SPD-Außenpolitikexperte Gernot Erler die Regierung in Ankara kritisiert. Das Reformtempo sei nicht hoch genug.
Berlin - "Es gibt eine gewisse Ernüchterung über die mangelnde Umsetzung des Reformprozesses", sagte Erler der "Passauer Neuen Presse". Aus der Türkei seien zuletzt überwiegend "enttäuschende und empörende Nachrichten" gekommen, die die Verhandlungen über einen Beitritt zur EU nicht förderten, sagte Erler.
Vor allem im Bereich der Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit würden Zusagen plötzlich nicht mehr eingehalten und in Frage gestellt. Vom Kanzler erwarte er deshalb "ein paar deutliche und mahnende Worte", sagte Erler. "Wir müssen deutlich machen, dass der Verhandlungsprozess auch scheitern kann."
Schröder reist heute für zwei Tage in die Türkei. Dabei wird er Gespräche mit dem türkischen Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan und Präsident Ahmet Sezer führen. Die EU drängt die Türkei, ihr Reformtempo zu erhöhen, um bis zum geplanten Beginn der Beitrittsgespräche im Oktober deutliche Fortschritte bei Menschenrechten und Religionsfreiheit zu erzielen.
Ein EU-Beitritt des Landes soll das Signal an die islamische Welt senden, dass Islam und westliche Werte vereinbar sind, und so zur Stabilität in der türkischen Nachbarregion Nahost beitragen.
Schröder müsse "auf die Umsetzung der Reformen drängen", forderte der außenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Friedbert Pflüger (CDU). Auch müsse die Türkei endlich Zypern anerkennen. Jetzt zeige sich, dass die Türkei nicht reif für die EU sei. Unions-Fraktionsvize Wolfgang Schäuble (CDU) forderte, Schröder solle jetzt "bei unseren türkischen Freunden darauf dringen, dass sie ihre Versprechen zu Reform und Demokratie auch einhalten müssen." Schröder müsse für eine privilegierte Partnerschaft der Türkei mit der EU anstelle eines Beitritts werben.