Sotschi als politische Plattform?

Interview im rbb Inforadio, 7. Januar 2014

In einem Monat beginnen die Olympischen Winterspiele im russischen Sotschi unter strengen Sicherheitsmaßnahmen. Der Russland-Experte der SPD-Bundestagsfraktion, Gernot Erler, meint, die Spiele könnten trotz der Kritik an der eingeschränkten Meinungsfreiheit ein Erfolg für Präsident Putin werden.

Der russische Präsident hat sich so eng an diese teuersten Spiele aller Zeiten gebunden, dass sein gesamtes politisches Erbe von dem mindestens 50 Milliarden Dollar (rund 36,8 Milliarden Euro) teuren Projekt abhängen könnte. Er will der Welt mit diesen Spielen nicht nur ein glänzendes Bild Russlands als Sportnation zeigen, sondern auch als politische und wirtschaftliche Großmacht.

Doch die Spiele stehen nicht nur wegen der ausufernden Kosten und absehbarer Umweltschäden in der Kritik. Kontroverse Diskussionen hatte es auch beim Thema Menschenrechte und Meinungsfreiheit gegeben. Die Bewegungsfreiheit von Athleten und Besuchern ist stark eingeschränkt. Demonstrationen sind ebenfalls nur unter strengen Auflagen gestattet - in einer "Sonderzone" der Stadt.

Kremlkritiker zweifelten an einer fairen Umsetzung der neuen Demonstrationsregeln. Es werde wohl weder Schwulen und Lesben noch Olympiagegnern erlaubt werden, in Sotschi zu protestieren, sagte der Homosexuellen-Aktivist Nikolai Alexejew dem Internetfernsehkanal Doschd. Unter anderem Homosexuellen-Verbände hatten gefordert, während der Spiele gegen Diskriminierung protestieren zu dürfen. In Russland ist ein international umstrittenes Verbot von "Homo-Propaganda" in Kraft. Dies stellt positive Äußerungen über gleichgeschlechtliche Lebensweisen vor Minderjährigen unter Strafe.

Erler: Spiele könnten Erfolg für Putin werden

Der Russland-Experte der SPD-Bundestagsfraktion, Gernot Erler, meint, die Olympischen Spiele könnten ein Erfolg für den russischen Präsidenten Wladimir Putin werden, allerdings verbunden mit Zugeständnissen. Putin setze darauf, dass am Ende die Welt Russland bewundert, aber das bedeute auch eine Chance für die russische Opposition, sich darzustellen.

Erler schloss nicht aus, dass die Spiele eine nachhaltig positive Wirkung haben werden. Er räumte ein, dass es umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen geben werde. Die Winterspiele seien für islamistische Gruppierungen eine Gelegenheit, ihre Macht zu zeigen.

Die Fragen stellte Michael Castritius