Syrien: Noch eine Chance für die Diplomatie

Zu den jüngsten Entwicklungen im Syrien-Konflikt erklärt Gernot Erler, Stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion:

Die überraschende Aufforderung Russlands an das Assad-Regime, seine Chemiewaffen unter internationale Kontrolle zu stellen, hat das Fenster für eine diplomatische Lösung wieder etwas geöffnet. Dies zeigt auch Präsident Obamas verhalten positive Reaktion, der im eigenen Land mit Skeptikern und Gegnern eines militärischen Eingreifens zu kämpfen hat.

Insofern bietet der Vorstoß Moskaus eine gesichtswahrende Lösung für alle Beteiligten: Russland sitzt wieder mit am Verhandlungstisch, nachdem es sich durch jahrelange Blockadepolitik mehr und mehr selbst isoliert hatte, Syriens Machthaber Assad könnte durch seine Selbstentwaffnung im allerletzten Moment seinen Kopf aus der Schlinge ziehen und Präsident Obama würde sich eine innenpolitische Niederlage ersparen, die ihn für den Rest seiner Amtszeit erheblich schwächen würde.

Allerdings hängen die Hoffnungen am seidenen Faden. Denn sollte sich herausstellen, dass die syrische Führung diese Initiative nur dazu nutzt, Zeit zu gewinnen, dürften in Washington die Stimmen derer, die einen Militärschlag befürworten, wieder an Oberhand gewinnen und dann auch zahlreiche Skeptiker mit dem Hinweis auf ihre Seite ziehen, Assad habe seine letzte Chance verspielt.

Doch selbst wenn es gelingt, in der Chemiewaffenfrage voran zu kommen, darf die internationale Gemeinschaft nicht dabei stehen bleiben. Als nächstes muss die sogenannte Genf 2-Konferenz einberufen werden, um eine politische Lösung des Gesamtkonflikts auszuverhandeln, damit dem sinnlosen Morden auf beiden Seiten des Bürgerkriegs ein Ende  bereitet wird. Die Chance, auch hier jetzt endlich voran zu kommen, sollte nicht verpasst werden.

10. September 2013