Afghanistandokumente: Mehr Transparenz und Offenheit notwendig

Pressemitteilung, 27. Juli 2010

Zur Reaktion der Bundesregierung auf die Veröffentlichung der geheimen Papiere zu Afghanistan erklärt der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Gernot Erler:

Das allgemeine Regierungsdurcheinander ist jetzt auch bei der Außen- und Sicherheitspolitik angekommen - ausgerechnet beim Thema Afghanistan. Während Verteidigungsminister zu Guttenberg bei PHÖNIX zerknirschte Selbstkritik übt ("Wir haben die Zielsetzungen zu hoch geschraubt und wahrscheinlich an der einen oder anderen Stelle die Realitäten zu weich gezeichnet"), obwohl er sich doch bisher bei seiner Kriegsrhetorik zur Lage in Afghanistan von niemandem übertreffen ließ, behauptet Außenminister Westerwelle parallel bei afp "Ich sehe mich jedenfalls in meiner Haltung bestärkt, dass ich die Lage in Afghanistan nie beschönigt habe, immer gesagt habe, das ist eine außerordentlich ernste Situation dort". Und das behauptet ausgerechnet der Minister, der am letzten Tag vor der Sommerpause am 9. Juli im Bundestag eine windelweiche Regierungserklärung zu Afghanistan abgegeben hat, die nicht nur bei der Opposition auf völliges Unverständnis gestoßen ist. Wer tatsächlich mehr Verantwortung für gefährliche Weichzeichnerei trägt, sollen die Kabinettskollegen untereinander ausmachen.

Die Dokumentenveröffentlichung belegt aber vor allem die Aktualität der Forderungen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, das deutsche Afghanistanengagement einer ständigen wissenschaftlichen Evaluierung zu unterziehen. Das wäre eine große Chance, mehr Transparenz und Offenheit in Fragen des Afghanistaneinsatzes herzustellen - die Debatte um die WikiLeaks-Aktion zeigt erneut, wie stark die Nachfrage nach belastbaren Daten zur Lage vor Ort als Entscheidungsgrundlage in Wirklichkeit ist. Mit der bornierten Ablehnung unserer detaillierten Vorschläge zu einer solchen Evaluierung, obwohl die Gespräche dazu auf einem guten Weg waren, haben die Koalitionsfraktionen die Verantwortung für eine Vertiefung des Grabens zwischen Regierung und Opposition in der Afghanistanpolitik auf sich genommen.