Die Ukraine vor einer Zukunft voller Fragezeichen

Presseerklärung vom 8. Februar 2010 

Zur Wahl des neuen ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch erklärt der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Gernot Erler:

Die Ukraine hat mit Wiktor Janukowitsch einen neuen Präsidenten, der auf der politischen Bühne kein Unbekannter ist: Vor fünf Jahren wurde er nach wochenlangen Protesten wegen Vorwürfen massiver Wahlmanipulationen noch zum Rückzug gedrängt. Nun liegen alle noch verbliebenen Hoffnungen auf eine bessere Zukunft für die Ukraine bei ihm.

Tief frustriert von den verpassten Chancen der "Orangenen Revolution" hatten die Bürger dem bisherigen Präsidenten Wiktor Juschtschenko, der 2004 als Ikone des demokratischen Aufbruchs galt, bereits im ersten Wahlgang den Laufpass gegeben. Die Erwartungen, die die Menschen an ihn geknüpft hatten, als sie im Dezember 2004 wochenlang bei Eiseskälte auf dem Majdan-Platz ausharrten, um ihren Forderungen nach fairen und demokratischen Wahlen zum Durchbruch zu verhelfen, wurden bitter enttäuscht.

Mit Wiktor Janukowitsch haben sich die Ukrainer für einen Präsidenten entschieden, dem zwar der Glanz und die strahlende Aura einer Julia Timoschenko fehlt, der es aber offenbar verstanden hat, mit Nüchternheit und Realismus zu punkten.

Die Ukraine, die unter allen europäischen Ländern mit am härtesten von der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise getroffen wurde, die zugleich von einer ausufernden Korruption und Bürokratie gebeutelt wird und sich durch ein hohes Maß an politischer Instabilität und mangelndem Reformwillen auszeichnet, steht mit dem Rücken zur Wand. Auch außenpolitisch gilt es, die Ukraine wieder in ruhigere Fahrwasser zu lenken und dabei insbesondere auch das Verhältnis zum unmittelbaren Nachbarn Russland weiter zu normalisieren. Mit dem neuen Präsidenten dürften die ukrainischen NATO-Beitrittsambitionen erst einmal erledigt sein.

Anders verhält es sich mit dem Verhältnis zur EU. Janukowitsch hat immer sein Interesse an einer Vertiefung der Beziehungen zur EU betont. Wir sollten dem neu gewählten Präsidenten eine Chance geben und die Hand in Richtung Kiew ausstrecken. Die Ukraine ist ein europäisches Land, ihr Schicksal und das ihrer Bürgerinnen und Bürger können uns nicht gleichgültig sein. Die EU hat mit dem Programm der "Östlichen Partnerschaft" ein Angebot auf den Tisch gelegt, das gerade auch für die Ukraine viele Möglichkeiten bietet. Ziel ist es, Länder wie die Ukraine politisch und wirtschaftlich an die EU heranzuführen. Es liegt jetzt an der Ukraine und ihrem neugewählten Präsidenten, diese ausgestreckte Hand zu ergreifen.