NSG-Ausnahmeregelung für Indien

Deutscher Bundestag, 179. Sitzung, Donnerstag, den 25. September 2008: NSG-Ausnahmeregelung für Indien

Dr. h. c. Gernot Erler, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute hier über eine Entscheidung, die unterschiedliche Wirkungen haben kann. Allen nachzugehen, ist in vier Minuten nicht möglich. Deshalb konzentriere ich mich auf eine.

Das Ziel der Bundesregierung besteht darin, Indien in Verbindung mit den Entscheidungen der IAEO und der NSG näher an das internationale Nichtverbreitungsregime heranzuführen und damit aus seiner Isolation zu lösen. Diesem Ziel kommen wir jetzt näher. Indien hat sich auf das globale Nichtverbreitungsregime zubewegt und steht jetzt stärker in der Verantwortung als vorher, vor allem durch das am 1. August von der IAEO gebilligte Safeguards-Abkommen. Indien wird jetzt die Mehrzahl seiner Reaktoren unter Safeguardsstellen stellen. Das bedeutet mehr Kontrolle als bisher und damit einen deutlichen Gewinn für das Safeguardssystem und für die Nichtverbreitung.

(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Eine Wertung, wie ich sie letzten Mittwoch von dem Kollegen Trittin gehört habe, die Belieferung Indiens mit Atommaterial und Uran sei kein Gewinn, sondern ein Verlust an Rüstungskontrolle, ist irreführend. Die NSG-Entscheidung erlaubt die Lieferung von NSG-kontrollierten Nukleargütern nur an zivile Anlagen unter Safeguards. Die IAEOKontrollen verhindern gerade, dass das Material in den militärischen Sektor gelangt.

Nicht von ungefähr hat der indische Außenminister Mukherjee in seiner Erklärung vom 5. September erstmals öffentlich die nichtverbreitungspolitischen Verpflichtungen seines Landes genannt und bekräftigt. Hierzu zählen das Testmoratorium, die Safeguards-Verpflichtungen, die Schaffung effektiver indischer Exportkontrollen und die Verpflichtung, sich an den Richtlinien der NSG und des MTCR auszurichten,

Die indische Regierung hat sich ausdrücklichzum Ziel des Abschlusses eines Vertrages über ein Verbot der Produktion von Spaltmaterial für Kernwaffen - für die Fachleute: FMCT - wie auch dem Ziel einer kernwaffenfreien Welt bekannt. Indien verpflichtet sich, die sensiblen Nukleartechnologien, zu denen unter anderem die Anreicherung von Uran gehört, nicht weiterzugeben. Hieran wird sich Indien in Zukunft messen lassen müssen. Dass dies ein für Indien weit gehender Schritt war, zeigt die starke Kritik der indischen Opposition an dieser Entscheidung.

Die Ausnahmeregelung der NSG baut auf den indischen Verpflichtungen, die ich hier genannt habe, auf. Sollte Indien hiervon abweichen - Kollege von Klaeden hat darauf hingewiesen -, greifen die nichtverbreitungspolitischen Regeln, die wir in die Erklärung eingearbeitet haben. Die NSG hätte dann die Möglichkeit, Sanktionen zu verhängen, einschließlich der Suspendierung des Nuklearhandels.

(Paul Schäfer [Köln] [DIE LINKE]: Die Möglichkeit!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Erklärung der NSG war ein Kompromiss, einer zwischen 45 Mitgliedstaaten,

(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kompromiss? Es gab einen wahnsinnigen Druck!)

einer, bei dem wir wichtigen Nichtverbreitungselementen Raum schaffen konnten.

Was jetzt passiert, ist ein Zwischenschritt. Unser Ziel bleibt - an ihm werden wir weiter arbeiten - Indiens Beitritt zum Nichtverbreitungsvertrag - die Probleme sind hier genannt worden - sowie zum internationalen Teststoppabkommen und ein Produktionsmoratorium für Spaltmaterial für militärische Zwecke.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)