Existenzrecht Israels ist deutsche Verpflichtung

9. Sitzung des Deutschen Bundestages, 16. Dezember 2005: 

Gernot Erler, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende 7. Bericht zur Menschenrechtspolitik der Bundesregierung wurde dem Deutschen Bundestag im Juni dieses Jahres vorgelegt und deckt den Zeitraum von April 2002 bis Februar 2005 ab. Das vom Deutschen Bundestag positiv aufgenommene erweiterte Format des 6. Menschenrechtsberichts wurde grundsätzlich beibehalten, wobei der Teil über die thematischen Schwerpunkte der deutschen Menschenrechtspolitik nochmals erweitert wurde. In diesem Kernstück des Berichts werden neben den Entwicklungen und Maßnahmen auf internationaler Ebene auch die von der Bundesregierung in Deutschland im Berichtszeitraum ergriffenen Maßnahmen dargestellt.

Thematische Schwerpunkte waren unter anderem das Thema Menschenrechte und Terrorismusbekämpfung. Dort wird auch die im August letzten Jahres im Auswärtigen Amt durchgeführte Konferenz der Internationalen Juristenkommission zu „Menschenrechtsschutz bei der Terrorismusbekämpfung" ausführlich dargestellt. Ein weiteres Thema stellten die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte dar. Hier finden sich Erläuterungen zu den auf Initiative der Bundesregierung zustande gekommenen „Leitlinien zum Recht auf Ernährung". Darüber hinaus gibt es das Kapitel zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Hierzu verweise ich auf die große Antisemitismuskonferenz des Auswärtigen Amtes, bei der die „Berliner Erklärung" angenommen wurde. Der Bericht beinhaltet einen ausführlichen Länderteil, der Kurzprofile zur Menschenrechtssituation in über 50 Staaten enthält. Wenn Sie das Kapitel über den Sudan gelesen haben, werden Sie wissen, warum wir uns mit dem Sudan vorrangig beschäftigen mussten. Um spontan auf das einzugehen, was der Kollege Beck gerade zum Thema Usbekistan gesagt hat, möchte ich an den Besuch von Staatssekretär Dr. Pflüger vor kurzem in Usbekistan erinnern. In einem Achtpunktekommunique wurde ausdrücklich ausgeführt, dass die Zusammenarbeit mit Usbekistan in Bezug auf die Demokratisierung und die Achtung der Menschenrechte angestrebt wird. Dieser Aspekt ist bei den Verhandlungen keineswegs beiseite geschoben worden. Auf Wunsch des Deutschen Bundestages enthält der 7. Menschenrechtsbericht erstmals einen Aktionsplan Menschenrechte mit Zielvorgaben und Strategien zu wichtigen Aktionsfeldern der Menschenrechtspolitik. Darauf wurde bereits positiv von den Kollegen Strässer und Beck hingewiesen. Ebenfalls auf Wunsch des Deutschen Bundestages hat die Bundesregierung auf eine abschließende Auflistung aller menschenrechtspolitischen Ziele verzichtet und stattdessen Schwerpunkte dargestellt.

Zu den Schwerpunkten im Aktionsplan gehören übrigens auch die Auseinandersetzung mit geschlechtsspezifischen Menschenrechtsverletzungen und eine Darstellung des Gender Mainstreaming.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der 7. Menschenrechtsbericht gibt in detaillierter Weise Auskunft über das Engagement der rot-grünen Bundesregierung in den Jahren 2002 bis 2005. Die neue Bundesregierung wird dieses Engagement fortsetzen; darauf können Sie sich verlassen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Im Koalitionsvertrag vom 11. November dieses Jahres heißt es dazu wörtlich - das will ich jetzt doch einmal vorlesen; es wäre mir besonders angenehm, wenn mir dabei der Kollege Beck sein Ohr leiht, weil er hier eben Zweifel geäußert hat, ob es diese Kontinuität geben wird -: Menschenrechtspolitik ist ein wichtiger Bestandteil unserer Friedens- und Sicherheitspolitik. Systematische Menschenrechtsverletzungen können auch eine Bedrohung für den Frieden und die internationale Sicherheit sein. Menschenrechte sind unteilbar. Unsere Außen- und Entwicklungspolitik wird nicht schweigen, wenn Demokratie, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Minderheitenrechte in Gefahr sind.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen uns bei dieser Verbindung von Menschenrechts- und Friedenspolitik in voller Übereinstimmung mit Kofi Annan, der in seinem visionären Bericht zur Reform der Vereinten Nationen vom März dieses Jahres klargestellt hat, dass Sicherheit, Entwicklung und Menschenrechte sich gegenseitig bedingen. Unser Verständnis von „Einsatz für Menschenrechte" heißt: Das ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Deshalb haben wir auch großen Respekt vor dem Engagement der Zivilgesellschaft sowohl in unserem Land wie auch in anderen Ländern. Wir wollen ausdrücklich eine enge Kooperation. In diesem Zusammenhang haben wir eben auch eine Druckversion des 7. Menschenrechtsberichtes vorgelegt - mit immerhin 374 Seiten ein wirklich umfassendes Kompendium. Wir hoffen, dass das zu der guten Zusammenarbeit mit den Aktivisten der Zivilgesellschaft beitragen wird. Wir werden uns auch weiterhin anstrengen, Defizite im Menschenrechtsbereich bilateral anzusprechen. Dazu werden wir natürlich auch die multilateralen Institutionen nutzen, ganz besonders die EU - als wichtigster Rahmen für uns - und das Forum der Vereinten Nationen. Wir setzen uns besonders für eine Stärkung des Menschenrechtsschutzsystems der Vereinten Nationen ein. Aktuell geht es hierbei um die Ablösung der Menschenrechtskommission, die bisher gearbeitet hat, durch den Menschenrechtsrat, von dem wir uns versprechen, dass er ein schnelleres und wirkungsvolleres Vorgehen gegen schwere Menschenrechtsverletzungen ermöglichen wird.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte dabei ausdrücklich betonen - auch im Hinblick auf einige Tagesmeldungen von heute -, dass der Wechsel von der Menschenrechtskommission zu einem Menschenrechtsrat auf keinen Fall ein Minus an Einwirkungsmöglichkeiten bringen darf; es muss zu einem Mehr kommen. Das ist auch wichtiger als die Einhaltung von bestimmten Zeitvorgaben.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Gegenstand dieser Beratung ist auch ein gemeinsamer Antrag aller Fraktionen des Deutschen Bundestages unter der Überschrift „Existenzrecht Israels ist deutsche Verpflichtung". Anlass dazu sind die wiederholten menschenrechtswidrigen und menschenverachtenden Äußerungen des iranischen Staatspräsidenten Ahmadinedschad, die das Existenzrecht des Staates Israel infrage stellen, die den Holocaust in provozierender Weise leugnen und damit das tragische Schicksal von Millionen von Menschen regelrecht verhöhnen. Die Bundesregierung verurteilt diese Äußerungen auf das Schärfste.

(Beifall im ganzen Hause)

Für uns bleibt das bedingungslose Bekenntnis zum Existenzrecht des Staates Israel einer der Grundpfeiler der deutschen Außenpolitik. Die Bundesregierung bekennt sich vorbehaltlos zu dem Recht der Bürgerinnen und Bürger Israels, in sicheren Grenzen in Frieden mit ihren Nachbarn und frei von Angst vor Terror und Gewalt zu leben.

(Beifall im ganzen Hause)

Gemeinsam mit ihren europäischen Partnern ruft die Bundesregierung Iran dazu auf, sich dem internationalen Konsens im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Zweistaatenlösung des Nahostkonflikts anzuschließen, die Bemühungen um Frieden zwischen Israel und seinen Nachbarn zu unterstützen und seine Unterstützung von Gruppierungen, die Gewalt ausüben oder dazu aufrufen, umgehend zu beenden. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)