Grußwort bei der International Federation of Libraries' Association

Staatsminister Gernot Erler

zur Eröffnung des Presidential Meeting der

International Federation of Libraries' Association

 

am 21./22.02.2008

im Auswärtigen Amt

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Frau Prof. Lux,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

im Namen von Bundesminister Steinmeier begrüße ich Sie herzlich zum zweiten

Präsidentschaftstreffen der International Federation of Libraries' Association im

Auswärtigen Amt. Ich freue mich, auch Frau Dr. Felten hier zu sehen, die als Leiterin der Bibliothek des Auswärtigen Amts Deutschland in der IFLA-Sektion Behördenbibliotheken vertritt.

In erster Linie aber möchte ich Sie, Frau Prof. Lux, begrüßen und Ihnen für das Engagement danken, das Sie in dem zurückliegenden Jahr als Präsidentin der IFLA bewiesen haben. Für Deutschland kann jedenfalls mit Fug und Recht festgestellt werden, dass Sie Ihren Wahlspruch umgesetzt und die Bibliotheken auf die Tagesordnung gesetzt haben.

Liebe Frau Lux,

nicht zuletzt dank Ihrer intensiven und engagierten Lobbyarbeit, hat der Deutsche Bundestag kürzlich im Schlussbericht der Enquête-Kommission „Kultur in Deutschland" die Bedeutung der Bibliotheken als Gedächtnisorte unserer Kulturgeschichte gewürdigt und anerkannt, welche Bedeutung ihnen für die moderne Wissensgesellschaft zukommt. Bibliotheken sind heute längst nicht mehr reine Aufbewahrungsorte für Bücher. Als Orte, die freien Zugang ermöglichen zu Wissen, Lernen und Forschen mit unterschiedlichsten Medien sind sie unersetzliche Bildungseinrichtungen, die allen Generationen und allen Gruppen der Gesellschaft den Zugang zum Wissen eröffnen. Darüber hinaus erkennen wir heute wieder neu, wie wichtig Bibliotheken sind als kulturelle Bildungsinstitutionen, die Welten eröffnen und Werte und Lebensqualität vermitteln. Sie sind, um es in den plastischen Worten unseres Altbundeskanzlers Schmidt zu sagen, die geistigen Tankstellen einer Nation.

Die große Bedeutung der Bibliotheksarbeit zeigt sich auch in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik der Bundesregierung. Das Auswärtige Amt finanziert über das Goethe-Institut nicht nur mehr als 150 deutsche Bibliotheken und Lesesäle im Ausland, sondern es unterstützt auch zahlreiche ausländische Bibliotheken und Bibliothekare durch Buchspenden, Fortbildungsangebote und Austauschprogramme. Ein Teil dieser Projekte wird auch in öffentlich-privater Partnerschaft vorangetrieben, wie die Deutsche Bibliotheksinitiative „Menschen und Bücher".

Über einen Zeitraum von drei Jahren konnten neunundzwanzig deutschsprachige Bibliotheken in zweiundzwanzig Ländern Osteuropas und Zentralasiens beim Kauf von Büchern unterstützt und mit einem Programm literarischer Begegnungen begleitet werden. Mit diesen Programmen zeigen wir auch, dass wir an die Zukunft des Mediums Buch selbst glauben, auch wenn seine Präsenz und Darreichungsformen sich erweitern und sich teilweise an moderne Lese- und Hörgewohnheiten anpassen.

Meine Damen und Herren,

Ein chinesisches Sprichwort besagt: „Du kannst kein Buch öffnen, ohne etwas daraus zu lernen". Bücher waren von jeher ein wichtiges Element, um die Entwicklung der menschlichen Kultur und Zivilisation zu verbreiten. Deshalb waren Bibliotheken als der Ort der Pflege und Bewahrung von Büchern eng verbunden mit der Entwicklung der menschlichen Kultur. Eine Mehrheit unserer Gäste kommen aus Asien. Deshalb sei es hier nochmals gesagt: Die Ursprünge menschlicher Hochkultur und auch des Buches liegen bekanntlich überwiegend in Asien. Die älteste Bibliothek wurde im antiken Ninive gefunden, der älteste Buchdruck stammt aus China und die ältesten Drucke mit beweglichen Lettern sind aus Korea überliefert, mehr als einhundert Jahre bevor Johannes Gutenberg in Mainz mit seiner Drucktechnik das Fundament legte, auf dem unsere modernen Wissensgesellschaften aufbauen.

„Ex oriente lux!" - wie man in der Antike sagte: das Licht (der Erkenntnis) kommt aus dem Osten, von Europa aus betrachtet folglich aus Asien. Die Kulturen Asiens hatten jedoch nicht nur in der Vergangenheit entscheidenden Anteil an der Entwicklung der Menschheit. Auch heute sehen wir mit Hochachtung die große Dynamik, die von vielen asiatischen Staaten ausgeht.

Aufgrund dieser Dynamik haben sich in den letzten Jahren die Beziehungen zwischen Europa und Asien in vielfältiger Weise entwickelt. Die Zeiten, in denen Europa kein exponierter politischer Partner Asiens war, sind längst vorbei. Durch die Verbindung unserer starken bilateralen Beziehungen mit gemeinsamem europäischen Handeln eröffnen wir uns neue Potentiale für eine engagiertere und sichtbarere europäische Politik in Asien. In der Zusammenarbeit zwischen Europa und Asien gestalten wir unsere gemeinsame Zukunft in der heutigen globalisierten Welt. Diese Gemeinsamkeit ist ausdrücklich keine Einbahnstraße. Vielmehr suchen wir einen Dialog und konzertiertes Handeln auf allen wichtigen Politikfeldern. Dies gilt nicht zuletzt auch für die internationale Kultur- und Bildungspolitik und die Zusammenarbeit im Bibliothekswesen. Die moderne Wissensgesellschaft ist ohne ein funktionierendes System von Bibliotheken nicht vorstellbar.

Das IFLA-Präsidentschaftstreffen ist eine gute Gelegenheit, den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen Asien und Europa auszuweiten und zu vertiefen. Die aktuellen Umbrüche sowohl in der Informationstechnologie als auch im politischen und gesellschaftlichen Umfeld sind eine Herausforderung für alle Bibliotheken, ob sie nun in Berlin, in Tokio, Hanoi, Singapur oder New Delhi liegen.

Umberto Eco hat in seinem Buch „Der Name der Rose" geschrieben: „ Ein Kloster ohne Bücher ist wie eine Festung ohne Truppen oder ein Tisch ohne Speisen." Ein Land ohne Bibliotheken, so hat es jüngst unser Bundespräsident Köhler formuliert sei wie ein Garten ohne Pflanzen. Bei Ihnen, Frau Prof. Lux, und Ihren hier versammelten Kollegen weiß ich diesen Garten in guter Pflege.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Tagung und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.