EU-Zentralasienstrategie mit Leben füllen

139. Sitzung des Deutschen Bundestag, 24. Januar 2008   

Gernot Erler : Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zentralasien ist eine faszinierende Weltregion mit fünf Ländern, annähernd 60 Millionen Menschen, einer staunenswerten Geschichte und Kultur, einer Vielfalt an Landschaften und Naturschönheiten und erheblichen Ressourcen und Reichtümern.

Andere Mächte haben sich schon ab Mitte der 90er-Jahre dieser Region stärker zugewandt. Die EU hat dies aus verschiedenen Gründen sehr spät getan. Sie hat sich eine Zeit lang nur begrenzt mit den zentralasiatischen Staaten beschäftigt. Das hat sich während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft in der ersten Hälfte des vergangenen Jahres geändert.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Wir haben uns sehr intensiv mit dieser Region beschäftigt. Im Ergebnis haben wir im Einvernehmen mit den Partnerländern im Juni 2007 die EU-Zentralasienstrategie beschließen können und erhebliche Mittel - die geplanten Mittel wurden verdoppelt - für die Umsetzung dieser Strategie bereitstellen können.

Man kann also sagen - das wird international anerkannt -: Die EU-Zentralasienstrategie ist unser Kind. Wir wollen das Kind aber nicht ins Internat stecken, sondern uns selbst um das Wachstum und Gedeihen dieses Kindes kümmern. Wir wissen, dass andere Präsidentschaften andere Schwerpunkte setzen. Wir wollen da am Ball bleiben.

(Beifall bei der SPD)

Schon im Juni dieses Jahres ist eine erste Revision der Bemühungen vorgesehen. Bis dahin ist es möglich und auch nötig, konkrete Projekte zu definieren. Wir sind dabei vorangekommen und haben einige sichtbare Schwerpunkte im Kopf. Dazu einige Stichpunkte: Rechtsstaat einschließlich Menschenrechtsdialog, Bildung, Wasser- und Energieverbundsystem in der Region, Grenzmanagement und Drogenbekämpfung. Ich kann all das hier gar nicht ausbreiten, sondern möchte mich auf den Bereich Rechtsstaat und Menschenrechte konzentrieren. Hier sind wir mit einem Rechtsberatungszentrum in Taschkent gut vorbereitet.

Ganz entscheidend ist der Menschenrechtsdialog. Dieser ist ja auch Thema der hier vorgelegten Anträge. Wir haben uns von vornherein intensiv mit Usbekistan beschäftigt, weil ja hier durch die tragischen Ereignisse vom Mai 2005 in Andischan ein großes Problem vorlag. Wir haben mit den Usbeken einen strukturierten, nachhaltigen Menschenrechtsdialog vereinbaren können, dessen erste Runde am 9. Mai 2007 stattgefunden hat und der im Mai dieses Jahres fortgesetzt werden soll. Wir werden die Menschenrechte auch in weiteren Beratungen mit Usbekistan zum Gegenstand machen. Wir konnten mit Usbekistan zudem ein Expertenseminar zum Thema "Liberalisierung der Medien" vereinbaren.

Man kann sagen, dass allein die Aufnahme dieses Dia-logs schon ein wichtiges Ergebnis und ein Erfolg der Zentralasienstrategie der EU ist. Es gibt auch konkrete Fortschritte: die Abschaffung der Todesstrafe, die Einführung des Habeas-Corpus-Prinzips und Korrekturen in einer ganzen Reihe von Einzelfällen. Das ist natürlich nur ein Anfang, der weitergeführt werden muss.

Wir müssen aber nicht nur mit Usbekistan vorankommen, sondern natürlich auch mit den vier anderen Staaten. Mit Turkmenistan ist schon ein Ad-hoc-Dialog über Menschenrechte begonnen worden.

Vizepräsidentin Petra Pau:  Herr Staatsminister, Sie können natürlich weiterreden, aber ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie jetzt auf Kosten der Redezeit Ihrer Kolleginnen weitersprechen.

Gernot Erler, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Genau das will ich nicht machen. Ich wollte gerade sagen, dass ich jetzt nicht mehr auf die anderen möglichen Leuchtturmprojekte eingehen werde, sondern nur noch einmal versichern möchte, dass wir unser Engagement, wirklich sichtbare, konkrete Projekte zu entwickeln, fortsetzen werden und mit der EU-Kommission und dem Sonderbeauftragten Pierre Morel gern zusammenarbeiten.

Ich freue mich, dass zu so später Stunde so viele Kolleginnen und Kollegen Interesse für dieses wichtige Thema zeigen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.