Presseerklärung vom 9. Januar 2003

Deutschland übernimmt noch mehr Verantwortung für Afghanistan

Zur Verlängerung der ISAF-Mission der Bundeswehr durch den Deutschen Bundestag und zur Übernahme der Führungsfunktion gemeinsam mit den Niederlanden erklärt der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Gernot Erler:

Über 20 Jahre kriegerischer Auseinandersetzung und die Herrschaft der Taliban haben Afghanistan in politischer, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht um Jahrzehnte zurück geworfen.

Seit einem Jahr trägt die International Security Assistance Force (ISAF), deren Zustandekommen ein Ergebnis der Bonner Petersberg-Konferenz vom Dezember 2001 ist, zur Stabilisierung der Lage in Afghanistan bei. Mit der Wahl von Hamid Karsai auf einer außerordentlichen Ratsversammlung im Juni dieses Jahres ist der Stabilisierungs- und Wiederaufbauprozess in eine neue Phase getreten.

Trotz gewisser Fortschritte beim Aufbau dauerhafter staatlicher Strukturen befindet sich Aghanistan immer noch in einer schwierigen Übergangsphase. Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass im Osten Afghanistans das Terrornetzwerk Al Qaeda dabei ist, sich zu reorganisieren. In weiten Teilen des Landes herrschen Warlords und regionale Clans. Von einem geordneten Wiederaufbau ist das Land nach wie vor weit entfernt.

Umso wichtiger ist es, dass die internationale Gemeinschaft Afghanistan nicht vergisst und die afghanische Regierung bei ihren Bemühungen um Wiederaufbau und Stabilisierung unterstützt.

Die internationale Schutztruppe ISAF dient genau diesem Zweck. Sie trägt maßgeblich dazu bei, dass Präsident Karsai und sein Kabinett die Möglichkeit erhalten, das Land aus seiner katastrophalen Lage herauszuführen.

Im kommenden Jahr wird die Bundesrepublik gemeinsam mit den Niederlanden für sechs Monate mit bis zu 2500 Soldaten die Führung bei der ISAF übernehmen und damit die Verantwortung für den Schutz der afghanischen Übergangsregierung. Den Soldaten der Bundeswehr und ihren Familienangehörigen gebühren unser Dank und unsere Anerkennung für diesen Dienst, der nicht frei von Risiko ist.

Bereits vor einem Jahr hat Deutschland eigene politische Prioritäten gesetzt: Mit einem umfangreichen humanitären Hilfsprogramm für die afghanische Zivilbevölkerung, mit einem engagierten Einsatz für einen politischen Neuanfang in Afghanistan (Petersberg Agreement) und mit einer führenden Rolle beim Wiederaufbau-Programm des Landes, besonders in den Bereichen Polizeiausbildung und Bildungswesen.

Afghanistan muss zu einem Erfolg werden. Die internationale Gemeinschaft muss ihre Unterstützung bei der Sicherung des Übergangs und beim Wiederaufbau des Landes fortsetzen und Afghanistan zum ersten Beispiel einer gelingenden "nachhaltigen Friedensstrategie" (Kofi Annan) machen. Scheitert die Weltgesellschaft beim "Testfall Afghanistan", würde dies zu einem Triumph von Al Qaeda und Taliban mit unberechenbaren Folgen führen.

Auch deshalb wird Deutschland sein Engagement vor Ort auf hohem Niveau fortsetzen und 2003 eine Führungsrolle bei der Schutztruppe ISAF übernehmen.