Presseerklärung vom 13. März 2003

Das Vermächtnis von Zoran Djindjic heißt Demokratie

Zur Ermordung des serbischen Ministerpräsidenten Zoran Djindjic erklärt der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Gernot Erler:

Mit Zoran Djindjic hat nicht nur Serbien einen großen Hoffnungsträger, sondern auch Deutschland einen guten Freund verloren. Djindjic, der viele Jahre in Frankfurt und Konstanz lebte, war wie nur wenige Politiker aus Südosteuropa den Deutschen tief verbunden. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass es zum großen Teil das unermüdliche Wirken Djindjics in den neunziger Jahren war, das Deutschland darauf aufmerksam machte, dass es in der Milosevic-Diktatur in Serbien eine ernst zu nehmende demokratische Opposition gab.

Dieser Opposition ist es zu verdanken, dass trotz aller serbischen Gräueltaten in den jugoslawischen Bürgerkriegen vermieden werden konnte, dass in Deutschland ein negatives Serben-Bild entstand. Die positive Medienpräsenz Djindjics in Deutschland als einer der Führer der serbischen Opposition zeigte sehr deutlich "das andere, das bessere Serbien". So war es für die Deutschen selbstverständlich, dass er der Regierungschef des Staates nach Milosevic werden musste. Mit dem Tod Zoran Djindjics hat Serbien jetzt seinen besten Anwalt im Westen verloren.

Zoran Djindjic hat mit viel Mut zielstrebig dazu beigetragen, dass der Weg Jugoslawiens zurück in die europäische Völkergemeinschaft geebnet wurde. Diese Aufgabe war alles andere als leicht und ist noch lange nicht abgeschlossen. Zoran Djindjic war sich der Schwere der Aufgabe bewusst sowie auch der unvermeidbaren Tatsache, dass er dabei keine Wunder vollbringen konnte und darum auch viele Menschen enttäuschen würde.

Ohne viel an der prekären ökonomischen Situation des Landes ändern zu können, verfolgte er sehr zielstrebig seine Demokratisierung. Es geht dabei um eine Europäisierung Serbiens gegen die alten Strukturen und gegen harten Widerstand. Wie gefährlich diese Aufgabe ist, zeigten die vielfältigen Anfeindungen und Bedrohungen, die bis hin zu dem missglückten Attentatsversuch vor wenigen Wochen gingen.

Mit dem Mord an Djindjic haben nun diejenigen Kräfte letztendlich obsiegt, die seit langem eine Beseitigung des jungen Ministerpräsidenten betreiben. Vor dem Hintergrund, dass Leute wie Mladic, Karadcic und viele andere serbische Kriegsverbrecher nach wie vor frei herumlaufen, ist dies nicht nur eine große menschliche Tragik, sondern eine verhängnisvolle Niederlage für die junge Demokratie in Serbien. Alle, die geglaubt hatten, dass endlich Ruhe auf dem Balkan eingekehrt sei, sind jäh aus diesem Traum gerissen worden. Leider ist nun zu befürchten, dass dieser Mord viele bereits gelöst geglaubte Probleme und Konflikte wieder aufleben lässt. Dem serbischen Volk ist zu wünschen, dass es von neuerlichen Verwerfungen verschont bleibt und die Kraft aufbringt, den demokratischen Weg weiterzugehen.

Zoran Djindjic hatte schon in der Opposition die "Demokratische Partei" gegründet. Diese wollte er nun in die Familie der sozialdemokratischen Parteien der "Sozialistischen Internationale" führen. Er hatte sich damit für einen Weg entschieden, der in vielen Ländern der Welt erfolgreich eine gerechte Symbiose aus Demokratie, marktorientiertem, kapitalistischem System und sozialverantwortlicher Politik für die Menschen anstrebt. Es ist zu hoffen, dass seine Nachfolger diesen Weg weiter gehen. Die Unterstützung der deutschen Sozialdemokraten ist ihnen dabei gewiss.