Neue Hoffnung für Südosteuropa

Zu den Ergebnissen der Finanzierungskonferenz für den Stabilitätspakt erklärt der Stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Gernot Erler:

Das mit 4,8 Milliarden Mark besser als erwartet ausgefallene Ergebnis der Brüsseler Finanzierungskonferenz bedeutet für den Stabilitätspakt eine erfreuliche Zäsur. Wurden bisher vor allem viele gute Absichten verkündet und damit in den von vielen Krisen betroffenen Balkanländern große Hoffnungen geweckt, so liegt nun endlich auch das Geld auf dem Tisch, diese Hoffnungen zu erfüllen. Das Ergebnis der Finanzierungskonferenz zeigt auch, dass die Initiative der Deutschen Bundesregierung, mit einer Art Marshall-Plan Südosteuropa auf die Beine zu helfen, richtig war und von der internationalen Gemeinschaft honoriert wird.

Es gab in der letzten Zeit immer wieder kritische Stimmen, denen die Zeit seit der feierlichen Einrichtung des Stabilitätspaktes in Sarajewo im letzten Sommer bis zur Finanzierungskonferenz zu lange vorgekommen ist. Nun zeigt sich, dass die Strategie der sorgfältigen Vorbereitung doch richtig war: Diese lautete: Nicht sofort Geld verteilen, sondern zuerst konkrete und auf ihre Sinnhaftigkeit überprüfte Projekte voregen. Das brauchte natürlich Zeit, aber das Ergebnis kann sich sehen lassen.

Bodo Hombach und seine rund 25 Mitarbeiter haben in den letzten Monaten eine hervorragende Arbeit geleistet, die nun ganz offensichtlich von den Geberstaaten und anderen internationalen Geldgebern anerkannt wurde. Mit der zugesagten Summe von 4,8 Milliarden Mark können nun sofort die sogenannten "Quickstart-Projekte" begonnen werden und somit aus den vorliegenden Plänen nun sehr schnell Baustellen werden. Die jetzt beschlossenen Projekte sind in der Regel grenzüberschreitende Projekte, die jeweils mehreren, aber mindestens zwei Ländern zugute kommen. Der Löwenanteil dabei wird in Infrastruktur-Maßnahmen gehen wie zum Beispiel für eine wichtige Grenzbrücke zwischen Rumänien und Bulgarien und für den Wiederaufbau der im Kosovo-Krieg zerstörten Donaubrücke in Novi Sad. Es wird aber auch wichtige Projekte der Demokratisierung, für Menschenrechte und für Flüchtlinge sowie zur Verbesserung der Sicherheit in der Region geben.

Natürlich können die 4,8 Milliarden Mark die nun fest zugesagt sind, bei weitem nicht alle Probleme Südosteuropas lösen. In der Zukunft wird es weitere Geberkonferenzen geben müssen, da der Wiederaufbau- und Entwicklungsprozess Südosteuropas eine Aufgabe von Jahrzehnten sein wird. Die jetzt beschlossenen Anschubprojekte sollen nicht nur besonders wichtige Defizite beseitigen, sie sollen auch dazu führen, daß die betroffenen Länder ihre Eigenanstrengungen selbst erheblich verstärken.

Es ist dabei vorgesehen, die Projekte an die Fortschritte im Bereich der Demokratisierung und des Transformationsprozesses zu binden. Die Bundesrepublik Jugoslawien, die hierbei besonders aus dem Rahmen fällt, wird so lange nicht berücksichtigt werden können, so lange das Regime Milosevics an der Macht ist. Grundsätzlich bleibt aber auch für die Serben die Tür offen. Dazu wird es darüber hinaus auch Möglichkeiten geben, jugoslawische Teilgebiete wie Kosovo und Montenegro sowie von der Opposition regierte Städte direkt zu unterstützen.

Die Brüsseler Finanzierungskonferenz des Stabilitätspaktes zeigt, dass die Staatengemeinschaft spät, aber nicht zu spät ihre Verantwortung für die Befriedung und Entwicklung dieses Teils Europas erkannt hat und zu übernehmen bereit ist. Es wird künftig nun insbesondere an der Bereitschaft der betroffenen Völker und ihrer Regierungen liegen, wie sie mit diesem Angebot umgehen werden.