Die Weltpolitik braucht ein starkes Amerika

Zum gegenwärtigen Stand der amerikanischen Präsidentenwahl erklärt der Stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Gernot Erler:

Der Weg für George W. Bush ins Weiße Haus scheint frei zu sein. Der 43. Präsident der Vereinigten Staaten wird sein Amt allerdings mit einer schweren Hypothek antreten. Im entscheidenden Bundesstaat Florida retteten Bushs Anwälte mit ihrer erfolgreichen Verzögerungstaktik den hauchdünnen Pseudo-Vorsprung. Jeder auf der Welt weiß: Eine Handnachzählung hätte Gore wahrscheinlich zum Präsidenten gemacht. Und "nationwide" hat Clintons Vizepräsident ohnehin mehr Stimmen sammeln können. Amerika muss sich auf einen "president elect" einrichten, den die Mehrheit der Wähler gar nicht wollte.

Die amerikanische Gesellschaft, im Moment vor allem erleichtert über das nahende Ende des Wahldramas, wird mit dieser Herausforderung fertig werden. Dazu reichen die politischen Reserven, die Kreativität und die Disziplin, die in ihr vorhanden sind, aus. Die Frage bleibt, wie handlungsfähig Amerika unter Bush junior sein wird.

Die internationale Politik, die Nicht-Freunde der USA eingeschlossen, braucht ein handlungsfähiges, ja ein starkes Amerika. Europa kann Vertrauen in das bereits designierte Team von George W. Bush setzen. Deutschland wird mit dem neuen US-Präsidenten auf der Basis gemeinsamer Interessen und wechselseitigen Vertrauens zusammenarbeiten. Auch wenn Nizza längst nicht alle Hoffnungen erfüllt hat: Europa bereitet sich darauf vor, im Rahmen der vertraglichen Grundlagen mehr Verantwortung zu übernehmen. Auch darauf kann sich die neue Administration in Washington verlassen.