Mahnungen statt Triumph: Zum 10. Jahrestag des Golfkriegs

Zum Tag, an dem sich der Beginn des 2. Golfkriegs zum 10. Mal jährt, erklären die beiden Stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Gernot Erler und Michael Müller:

Der Golfkrieg endete mit einem militärischen Sieg des Westens, Triumphgefühle wären am 10. Jahrestag aber völlig fehl am Platze. Nur das eine Ziel, die Befreiung Kuweits, konnte erreicht werden. Die Beseitigung des Diktators Saddam Hussein misslang - auch zehn Jahre nach seiner militärischen Niederlage kontrolliert er unangefochten den Irak und bedroht, allen militärischen Aktionen der Vereinigten Staaten und Großbritanniens zum Trotz, weiterhin seine Nachbarn im Nahen Osten.

Die Siegesparaden von 1991 haben den Blick auf die tragische Verlustspur dieses Krieges nicht verstellen können. Hauptopfer war und ist bis heute die irakische Zivilbevölkerung, von Saddam kaltblütig für seine illusionären Machtprojektionen geopfert. Nur in den ärmsten Ländern der Subsahara-Region gibt es vergleichbare Unterernährungs- und Unterversorgungskatastrophen wie im Irak. Mehr als 3000 amerikanische Veteranen des Golfkriegs leiden unter schweren Erkrankungen, deren tatsächliche Ursache bis heute nicht geklärt werden konnte, die aber mit dem Golfkrieg in Verbindung gebracht werden. Vor allem aber war der Golfkrieg der erste große Umweltkrieg der Neuzeit: Die Zerstörung der Natur wurde als Waffe eingesetzt.

Die ökologische Kriegsführung wurde von Saddam bereits im September 1990 mit der Drohung, "den Himmel auf Dauer zu verdunkeln", angekündigt - und von Anfang an umgesetzt: Zuerst wurde der gesamte Küstenbereich verseucht, um durch große Öllachen aus allen kuweitischen Förderanlagen die Landung der alliierten Marineeinheiten zu erschweren. Auf einer Länge von rund 250 km ergoss sich eine Ölflut von über einer Million Tonnen. Zum Vergleich: Der bisher größte Tankerunfall war die Amoco Cadiz 1981, als ungefähr 150.000 - 200.000 t Öl ausliefen.

Mit Ausbruch des Krieges wurden Ölfelder gezielt in Brand gesetzt, um durch Rauchwolken und Feuer Kommunikationen, Zielsysteme und Sicht zu beeinträchtigen. Und als Saddam den Krieg verloren hatte, ließ er rund 750 Ölquellen sprengen. Der irakische Diktator riskierte hemmungslos ein Experiment mit der Zerbrechlichkeit der Erde. Der Golfkrieg hat eine neue Schreckensdimension von Krieg deutlich gemacht. Er war eine Warnung, sowohl die Risiken der Ölabhängigkeit von wenigen Erdregionen zu verringern, als auch die umweltzerstörende Kriegsführung generell zu ächten.

Diese Erfahrung mahnt uns, die Instrumente präventiver Friedenspolitik und das Völkerrecht zu stärken. Insbesondere muss das Zusatzprotokoll zu Genfer Konvention von allen wichtigen Staaten ratifiziert und die UN-Konvention zum Verbot des feindseligen Einsatzes umweltverändernder Techniken erweitert werden. Auch fehlen wirksame Sanktionsmechanismen der UN, um die Einhaltung von Konventionen durchzusetzen.

Darüber hinaus sind vor allem die Industriestaaten gefordert, sich durch die Neuordnung der Energieversorgung, vor allem durch Einsparen und Solarwirtschaft, von hohen Energiequanten unabhängiger zu machen und damit mehr Gerechtigkeit in der Verteilung wirtschaftlicher Chancen zu ermöglichen. Der Golfkrieg ist 10 Jahre her, doch diese Fragen sind bis heute nicht gelöst.