Wahl in Israel: Die Regierungsbildung entscheidet

Zum Ausgang der Ministerpräsidentenwahl in Israel erklärt der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Gernot Erler:

Die Wahl in Israel wird sich auf die Zukunft des Nahen Ostens auswirken und hat damit weltpolitische Bedeutung. Das üppige Ergebnis für Ariel Scharon allein gibt noch keine Antwort auf die weltweit meistgestellte Frage, nämlich die nach den Chancen für einen künftigen Friedensprozess in der Region.

Der Wahlsieger hat sechs Wochen Zeit, eine neue Regierung zu bilden und den Haushalt 2001 durch die Knesset zu bringen. Diese sechs Wochen, sicher konstitutiv für Scharons zunächst auf gut zwei Jahre limitierte Amtszeit, werden über die Friedenschancen entscheiden. Mehr als alle Taten und Worte Scharons aus der Vergangenheit wird die Regierungsbildung Auskunft über die Zielsetzung seiner Amtszeit geben. Die denkbaren Koalitionspartner, allen voran die Arbeitspartei, stehen vor einer schwierigen Entscheidung. Auch von ihnen hängt ab, was die neue Regierung dem Land und der Region bringen wird: eine Verschärfung des Konflikts, einen bloßen Zeitverlust oder eine neue Chance für Verhandlungsergebnisse, die von einer Mehrheit der israelischen Bevölkerung getragen werden.

Bei allen Unterschieden der Wahrscheinlichkeit: alles ist möglich! Deshalb macht es Sinn, auch in der arabischen Welt für eine abwartende Reaktion auf das Wahlergebnis in Israel zu werben. 70 Prozent der Bevölkerung Israels sieht keine Alternative zu einer Verhandlungslösung mit den Palästinensern, Scharon hat 62,5 Prozent Zustimmung erhalten. Der neue Ministerpräsident hätte gute Gründe dafür, durch eine entsprechende Regierungsbildung beide Messzahlen zur politischen Deckung zu bringen.