Mazedonien: Schnelle Geberkonferenz als nächster Friedensschritt

Zu den Entwicklungen in Mazedonien erklärt der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Gernot Erler:

Nach langem Ringen konnte nun in Mazedonien ein weiterer Schritt zur Befriedung erreicht werden. Die mazedonischen und albanischen Parteien haben sich auf den Entwurf eines Selbstverwaltungsgesetzes geeinigt und dies vor wenigen Tagen im Parlament verabschiedet. Dieses wichtige Gesetz, das die künftige lokale Selbstverwaltung regeln wird, stellt einen wesentlichen Punkt des Friedensabkommens von Ohrid dar. Damit wird die überfällige Stärkung des albanischen Bevölkerungsteiles ein großes Stück vorangebracht.

Monatelange Verhandlungen zeigten, dass es in dieser Kernfrage des innermazedonischen Konfliktes nach wie vor große Meinungsunterschiede zwischen beiden Bevölkerungsgruppen und ihren jeweiligen politischen Vertretungen gibt. Dass nun endlich doch ein Ergebnis erzielt werden konnte, mit dem beide Seiten leben können, ist auch als ein Erfolg der europäischen Mazedonien-Politik zu bewerten. Die kontinuierliche Einflussnahme der Europäer in Zusammenarbeit mit der befriedenden militärischen Präsenz unter deutscher Führung haben nicht nur den drohenden Bürgerkrieg abwenden können, sondern nun auch erste Erfolge in der Beseitigung der Konfliktursachen gezeitigt.

So ist es nun auch konsequent, dass der Allgemeine Rat der EU beschlossen hat, schnell eine Geberkonferenz für Mazedonien einzuberufen. Diese soll bereits am 12. März stattfinden. Auch wenn der innermazedonische Einigungsprozess schwierig ist, seine Erfolge müssen auf jeden Fall schnell honoriert werden. Die mazedonische Bevölkerung in ihrer unterschiedlichen ethnischen Zusammensetzung muss erkennen können, dass es sich auch materiell lohnt, aufeinander zuzugehen und sich auf europäische Normen des Zusammenlebens einzulassen.

Der Erfolg der Verabschiedung des Selbstverwaltungsgesetzes bedeutet aber noch nicht, dass der Mazedonien-Konflikt damit bereits zu Ende ist. Noch ist viel zu tun, um dem Geist und Inhalt des Ohrid-Abkommens voll gerecht zu werden. Insbesondere die Frage der Amnestie ist noch ungelöst. Die Geberkonferenz wird ein wichtiges Datum sein, bei dem ein weiteres Mal positiv auf die mazedonischen Politiker eingewirkt werden kann. Es ist zu hoffen, dass die europäische Politik-Kombination aus politischer Überzeugungsarbeit, militärischer Friedensabsicherung und Bereitschaft, beim Wiederaufbau und Transformationsprozess materiell zu helfen, weiterhin erfolgreich ist. Nur dann haben die anstehenden Parlamentswahlen in Mazedonien eine Aussicht, zu einem wirklichen Neuanfang zu werden.

29. Januar 2002