SPD begrüßt Klärung der US-Position im Nahost-Konflikt
Zur Rede des US-Präsidenten Bush zur Lage im Nahen Osten erklärt der Stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Gernot Erler:
Bushs Rosengarten-Rede klärt die amerikanische Position im Nahost-Konflikt. Diese Klärung war überfällig. Noch in dieser Woche, auf dem kanadischen G-8-Gipfel, besteht die Chance, auf dieser Basis eine strategische Verständigung anzustreben: zwischen den wichtigsten Industriestaaten der Welt und den Vereinten Nationen.
Der amerikanische Präsident zeigt Verständnis für die Leiden beider Seiten in der nicht enden wollenden Gewaltspirale im Nahen Osten. Die Ausgewogenheit bei der Verneigung vor den zivilen Opfern des Konflikts findet aber keine Fortsetzung im Forderungsteil.
Die Botschaft an die palästinensische Seite ist unmissverständlich: Eine amerikanische Unterstützung für einen palästinensischen Staat wird es nur nach Erfüllung harter Auflagen geben: Arafat muss weg, eine neue Autonomiebehörde muss sich, auch finanziell, internationaler Kontrolle stellen, darf keinerlei Beziehungen zu Terrororganisationen unterhalten und muss Sicherheit für Israel schaffen.
Es gibt auch Aufforderungen an Israel: Bei Verbesserung der Sicherheitslage sollen alle Positionen, die seit dem Beginn der jetzigen Intifada ab dem 28. September 2000 eingenommen wurden, geräumt werden, der (weitere) Siedlungsbau soll unterbleiben, mit dem Ende der Gewalt muss es wieder Bewegungsfreiheit und damit Chancen für eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Palästinenser geben, und am Ende des Stufenprozesses sollte ein Verhandlungsfrieden stehen, der die 1967 begonnene Okkupation beendet.
Der Unterschied der Forderungen fällt auf: Die Liste der palästinensischen Vorleistungen dafür, dass Washington einen provisorischen palästinensischen Staat überhaupt unterstützt, ist lang. Die Erwartungen an Israel stehen ohne jede Sanktionierungsdrohung im Raum, im Gegenteil - sie gelten sowieso nur, wenn die Sicherheitslage es zulässt. Wo Präsident Bush für die einen ein enges Korsett vorsieht, bietet er der anderen Seite ein weites Hemd mit gehörigem Spielraum.
Die unterschiedlichen Reaktionen auf die Präsidentenrede spiegeln diese Lastenverteilung. Und einmal mehr bezieht sich der Beifall jeweils auf die Forderungen, die an die andere Seite gestellt werden. Es bleibt abzuwarten, ob Scharon, der vor allem mit Bushs Arafat-weg-Position zufrieden ist, sich ermutigt fühlen wird, diese US-Forderung gleich selber umzusetzen. Das wäre gefährlich.
Erst eine klare amerikanische Position ermöglicht es, zu einer gemeinsamen Strategie der Weltgemeinschaft und der Vereinten Nationen zur Lösung des Nahost-Konflikts zu kommen. Die Rosengarten-Rede hat diese notwendige Klarheit geschaffen. Schade, dass sie die geplante Vermittlungsrolle des sogenannten "Quartetts" nicht aufgreift. Sie enthält aber zahlreiche konsensfähige Elemente, an denen die kommenden Beratungen zwischen allen Beteiligten anknüpfen können. Weitere zeitliche Verzögerungen müssen dabei vermieden werden.
25. Juni 2002