Persseerklärung vom 29. Juni 2005

Bushs Irak-Rede: Mehr Schweigen als Antwort

Zur Irak-Rede des Präsidenten der Vereinigten Staaten, George W. Bush, erklärt der Stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Gernot Erler:

Der amerikanische Präsident musste etwas tun. Das Vertrauen der US-Bürger in Bushs Irak-Politik sinkt ständig und parallel dazu das Rating des Präsidenten. Immer weniger junge Amerikaner wollen zum Militär.

Die Rede von Fort Bragg beschwört noch einmal den "War on Terrorism", jene General-Legitimation der gesamten Bush-Administration. Die US-Opfer im Irak - inzwischen 1730 Gefallene seit März 2003 - seien gerechtfertigt, weil es gelte, Osama Bin Laden in die Schranken zu weisen.

Bush erwähnt nicht mehr die nie gefundenen Massenvernichtungswaffen Saddams, mit deren angeblicher Existenz er seine Kriegsentscheidung im eigenen Land erst konsensfähig machte. Er verschweigt auch, dass nie eine Verbindung zwischen Saddam und Al Qaida belegt werden konnte. Die Wahrheit ist, dass erst Bushs Irak-Krieg die Terroristen auf diesen Kriegsschauplatz lockte, wo Amerika wie an keinem anderen Ort der Welt verwundbar ist.

Insofern wirkt Bushs Rede beredter in dem, was sie verschweigt, als in dem, was sie sagt. Wer genau zuhört, spürt Ratlosigkeit. Einst hieß es, die vor einem Jahr gewährte Souveränität werde die Gewalt eindämmen, dann wurde diese Erwartung an die Januar-Wahlen geknüpft. Beide Hoffnungen haben sich blutig zerschlagen. Das neue Hoffnungsangebot des Präsidenten klingt ernüchternd: Irgendwann würden die irakischen Sicherheitskräfte alleine in der Lage sein, die Gewalt zu stoppen, und dann könnten die US-Boys auch nach Hause. Wann das sein wird, kann keiner sagen.

Geradezu dankbar zitiert der US-Präsident Gerhard Schröders jüngste Versicherung in Washington, ein stabiler und demokratischer Irak liege im ureigensten Interesse Deutschlands und Europas. Amerika braucht die Hilfe der Verbündeten, auch derer, die entschieden gegen den Irak-Krieg waren, um die schlimmen Folgeprobleme dieses Krieges unter Kontrolle zu bringen. Und dem amerikanischen Präsidenten wird diese Kooperationsbereitschaft der Kriegs-Kritiker zum Anker, um das Abrutschen des Vertrauens bei seinen eigenen Wählern aufzuhalten.

Wäre Europa nicht so traurig mit sich selbst beschäftigt, könnte dies eigentlich der Ausgangspunkt für eine grundlegende transatlantische Debatte über globale Sicherheitspolitik im 21. Jahrhundert sein. Noch wird man sie aufschieben müssen.