"Jetzt geht´s zur Sache" Interview mit der Badischen Zeitung über Merkel und die große Koalition, 11. Oktober 2005

Jetzt geht´s zur Sache

Er wollte weder Angela Merkel als Kanzlerin noch eine große Koalition. Doch seit gestern muss sich der Freiburger Bundestagsabgeordnete, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion und zuständig für nternationale Politik, Gernot Erler, an diese Vorstellung gewöhnen. Uwe Mauch hat sich mit ihm unterhalten.

BZ: War's ein schwerer Tag für Sie?

Erler: Ein angespannter Tag, der in mehreren Sitzungen die ganzen Schwierigkeiten der SPD widerspiegelte.Wir tun uns mit der Koalition schwerer als die CDU.

BZ: Sie wollten ja nach der Wahl nicht nach Berlin fahren, um - wie Sie sagten - über eine große Koalition zu verhandeln.

Erler: An den Vorbereitungen war ich in keiner Weise beteiligt. Wenn es in den nächsten Tagen um die internationale Politik geht, ist es klar, dass ich mich beteiligen muss.

BZ: Muss oder darf?

Erler: Ich empfinde es als meine Pflicht, da ich für diesen Politikbereich verantwortlich bin und auch bleiben möchte.

BZ: Sie haben keinen Hehl daraus gemacht, dass Sie die Ampel bevorzugen.

Erler: Ich wollte das rot-grüne Projekt weitermachen, auch in einer Ampel.

BZ: Sie hatten vor drei Wochen gesagt, dass Sie Frau Merkel nicht zu Kanzlerin wählen. Werden Sie dagegen stimmen oder sich enthalten?

Erler: Ich habe überhaupt nichts von meiner Aussage abzuschwächen. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

BZ: Wir werden also am Tag der Kanzlerinwahl genau hinschauen müssen. Werden Sie Fraktionsvize bleiben? Erler: Es ist noch zu früh, darüber Auskunft zu geben. Das ist im größeren Zusammenhang zu sehen. Erst müssen die Regierungspositionen besetzt sein, dann jene der Fraktion.

BZ: Kommen Sie für eine Regierungsfunktion in Betracht, zum Beispiel als Staatssekretär eines SPD-Außenministers?

Erler: Ich werde nicht den Fehler machen, mich ins Spiel zu bringen. Die Attraktivität meines Postens als Zuständiger für die internationale Politik wird sich noch steigern, wenn die SPD das Außenministerium hat. Meine Priorität bleibt die Position eines Fraktionsvize.

BZ: Wie sieht Ihr Zeitplan aus? Erler: Am Dienstag treffen sich Präsidium, Kabinett und geschäftsführender Vorstand, um die Verhandlungen vorzubereiten. Am Montag geht es dann zur Sache mit der anderen Seite.