Mit Schelju Schelev verliert Bulgarien einen Demokraten der ersten Stunde

Presseerklärung, 30. Januar 2015


Zum Tod des früheren bulgarischen Präsidenten Schelju Schelev erklärt der Vorsitzende des Deutsch-Bulgarischen Forums und Präsident der Südosteuropa-Gesellschaft, Gernot Erler MdB:
Schelju Schelev war der erste demokratisch gewählte Präsident Bulgariens nach der politischen Wende Ende der 80er Jahre. Der 1935 geborene Philosoph stand der bulgarischen KP, deren Mitglied er war, schon sehr früh kritisch gegenüber. Daher wurde er 1965 aus der KP ausgeschlossen, aus Sofia verbannt und sein kritisches Buch “Der Faschismus“ verboten. Schelev engagierte sich daraufhin in der Opposition. Er war Mitbegründer der bulgarischen Dissidenten-Bewegung “Klub für die Unterstützung von Glasnost und Perestroika“ und wurde nach der Wende Oppositionsführer des bürgerlichen Parteienbündnisses “Union Demokratischer Kräfte“. Dass der politische Übergang vom Kommunismus zur Demokratie in Bulgarien friedlich und ohne Blutvergießen verlief, ist nicht zuletzt der behutsamen und gemäßigten Politik von Schelev zu verdanken. So wurde er trotz des Siegs der Sozialisten nach den ersten freien Wahlen 1990 zum Staatspräsidenten gewählt und übte nach seiner Wiederwahl 1992 das höchste Staatsamt bis 1997 aus.
In seiner Amtszeit fielen wichtige außenpolitische Entscheidungen. 1991 unterzeichnete Schelev den “Deutsch-bulgarischen Vertrag über freundschaftliche Zusammenarbeit und Partnerschaft in Europa“. Von großer Weitsicht zeugte auch sein innenpolitisch umstrittenes Engagement für die Anerkennung der Republik Makedonien, ein wichtiger Schritt zu Befriedung des Balkans nach dem Zerbrechen Jugoslawiens.
Nach seinem Verlassen der “Union Demokratischer Kräfte“ aufgrund innerparteilicher Differenzen engagierte sich Schelev bei den bulgarischen Liberalen, deren Ehrenvorsitzender er bis zu seinem Tod war. Sein weit über Bulgarien reichendes Engagement führte dazu, das Schelev Gründer und Präsident des “Politischen Balkanclubs“ wurde, einer Initiative ehemaliger Staatsmänner aus den Ländern Südosteuropas.
Mit Schelju Schelev verliert nicht nur Bulgarien, sondern ganz Südosteuropa einen über alle Parteigrenzen anerkannten aufrechten Politiker, der dieser Region im Umbruch in schwierigen Zeiten stets und gegen alle Widerstände die richtige Richtung gewiesen hat.