Sitzung des Ministerkomitees des Europarats

Rede von Staatsminister Gernot Erler bei der 119. Sitzung des Ministerkomitees des Europarats am 12. Mai 2009

Herr Vorsitzender,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich freue mich, in diesem besonderen Jahr für den Europarat an der Sitzung des Ministerkomitees hier in Madrid teilnehmen zu können. Anknüpfend an meine Vorredner danke auch ich dem spanischen Vorsitz für seine in den letzten 6 Monaten für den Europarat geleistete engagierte Arbeit und wünsche der kommenden slowenischen Präsidentschaft alles Gute!

Wer hätte 1949 bei der Gründung gedacht, dass der Europarat einmal zu einer wahrhaft gesamteuropäischen Organisation heranwachsen würde? Gerade für uns Deutsche hat der Europarat eine besondere Bedeutung. Als 1989 in Berlin die Mauer fiel und die Trennung Europas aufgehoben wurde, war es der Europarat, der östliche Nachbarstaaten aufnahm und damit uns alle enger miteinander verband. 20 Jahre später sind einige unserer östlichen Nachbarstaaten Mitglieder der EU. Auch der Europarat hat sie darauf vorbereitet. Er ist und bleibt die Organisation, die alle Menschen Europas rechtlich miteinander verbindet. Die Europäische Menschenrechtskonvention ist die gemeinsame Basis von uns allen, ob in der EU oder darüber hinaus. Für den Erfolg der Arbeit des Europarates sind wir auf das harmonische Zusammenwirken aller seiner Akteure angewiesen.

Es ist weiter unsere Aufgabe, den Europarat so auszustatten, dass er handlungsfähig bleibt. Ein ganz besonderes Augenmerk gilt hierbei dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der in diesem Jahr sein 50jähriges Jubiläum feiert. 800 Mio. Bürger Europas können sich an ihn wenden; die Mitgliedstaaten des Europarats haben sich zur vollen Umsetzung der Urteile dieses weltweit einzigartigen Gerichts verpflichtet.

Dies, liebe Kolleginnen und Kollegen, gilt für uns alle! Und das ist auch gut so: Rechtssicherheit für den Einzelnen ist Sicherheit für uns alle!

Die Arbeitsfähigkeit des Gerichtshofs muss erhalten bleiben! Dafür ist es erforderlich, schnellstmöglich Reformen einzuleiten, auch im Wege der vorläufigen Anwendung von Protokoll 14. Ich appelliere hier an uns alle, alles nur mögliche zu tun, um dem Gerichtshof zu helfen, seine ungeheure Belastung zu bewältigen. Hierzu gehört auch, ihm die nötigen finanziellen Mittel für erforderliches neues Personal zur Verfügung zu stellen. Zusätzliche Gelder für den Gerichtshof dürfen allerdings nicht ausschließlich zu Lasten der übrigen Aufgaben des Europarats bereitgestellt werden.

Eine Verbesserung des nationalen Menschenrechtsschutzes in den Mitgliedstaaten hilft, den Gerichtshof zu entlasten. Der im letzten Jahr geschaffene Human Rights Trust Fund soll hier helfen. Deshalb haben wir für den Fonds Mittel bereit gestellt. Auch die unermüdliche Arbeit von Menschenrechtskommissar Thomas Hammarberg trägt in hohem Maße zu einer Verbesserung der Menschenrechtssituation in Europa bei. Deutschland hat den Menschenrechtskommissar im vergangenen Jahr mit einem freiwilligen Beitrag unterstützt und stellt ihm dieses Jahr 250.000 Euro für seinen Einsatz im Dienste der Menschenrechte zur Verfügung.

Die Glaubwürdigkeit des von uns mit dem Europarat nach der Katastrophe des 2. Weltkriegs geschaffenen europäischen Rechts- und Wertesystems steht auf dem Spiel, wenn es uns nicht gelingt, gemeinsam das Menschenrechtsschutzsystem des Europarats als Ganzes arbeitsfähig zu halten. Gerade in diesem Jubiläumsjahr sollten wir uns dessen besonders bewusst werden.

Ich danke Ihnen!