Awacs: Bundeswehr koordiniert US-Einsatz bei Kundus

welt.de, 17. Juni 2009

Von Daniel-Dylan Böhmer 

Die Bundeswehr hat eines der schwersten Gefechte seit Beginn des Afghanistan-Einsatzes geführt - erfolgreich mithilfe amerikanischer Luftunterstützung. Dabei wurden erstmals unter deutscher Leitung Luftangriffe auf Gegner am Boden geflogen. Die Angreifer eröffneten das Feuer mit Handwaffen und Panzerfäusten.

Die Bundeswehr hat am Montag eines der schwersten Gefechte seit Beginn des Afghanistan-Einsatzes erfolgreich mithilfe amerikanischer Luftunterstützung geführt. Dabei wurden erstmals unter deutscher Leitung Luftangriffe auf Gegner am Boden geflogen.

Wie das Verteidigungsministerium mitteilte, kam es zu dem Scharmützel, nachdem eine Patrouille der von Nato-Streitkräften ausgebildeten Afghanischen Nationalarmee (ANA) in Begleitung belgischer Soldaten am Morgen nordwestlich von Kundus von Aufständischen angegriffen wurde. Die Angreifer eröffneten das Feuer mit Handwaffen und Panzerfäusten. Die Patrouille habe daraufhin Verstärkung durch die Bundeswehr und die afghanische Armee sowie Luftunterstützung der Koalitionstruppen, in diesem Fall der Amerikaner, angefordert. Nach dem Eintreffen der Bundeswehr und der afghanischen Kräfte habe die deutsche Fliegerleitung die Führung der Luftangriffe übernommen, die bis dahin die Belgier innehatten.

Die afghanischen und belgischen Soldaten seien erfolgreich befreit und die Angreifer zurückgeschlagen worden. An den Kampfhandlungen waren etwa 100 deutsche, etwa 200 afghanische und eine unbekannte Zahl belgischer Soldaten beteiligt. Die Amerikaner setzten F-15- und A-10-Kampfflugzeuge ein. Über die Zahl der Aufständischen gibt es keine Berichte. Nach Angaben der afghanischen Sicherheitskräfte starben im Laufe des etwa sechsstündigen Gefechtes mindestens fünf Angreifer, vier wurden verletzt. Bundeswehrsoldaten wurden nicht verwundet.

Es war bereits das zweite Mal innerhalb von weniger als zwei Wochen, dass die Bundeswehr im Kampfgeschehen auf amerikanische Luftunterstützung zurückgriff. Allerdings habe bisher die reine Präsenz von Kampfflugzeugen oder der Einsatz von Täuschkörpern genügt, um den Gegner zurückweichen zu lassen, wie ein Sprecher des Verteidigungsministeriums gegenüber WELT ONLINE erklärte. „Die Sicherheitslage im Gebiet von Kundus hat sich verschärft. Kundus bleibt ein Hotspot im Verantwortungsbereich des Regionalkommandos Nord", fügte er hinzu. Die Lage werde sich möglicherweise noch weiter zuspitzen. Das Gefecht zeige aber, wie gut die Zusammenarbeit zwischen der Bundeswehr und den afghanischen Truppen bereits gelinge.

Unterdessen warb Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) für den umstrittenen Einsatz von Awacs-Aufklärern in Afghanistan. Es liege auch im deutschen Interesse, „die noch nicht vorhandenen Sicherheitsstrukturen Afghanistans in diesem Bereich der Flugsicherung" vorzunehmen, sagte Jung am Mittwoch im Bundestag. Die Bundeswehr bewältige die Hälfte des Lufttransports über Afghanistan und sei für die gesamte Luftaufklärung zuständig. Der Einsatz der Aufklärer diene daher auch dem Schutz deutscher Soldaten.

Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), unterstrich, es bestehe ein klarer Bedarf an Luftaufklärung in Afghanistan. Die Entwicklung sei längst hinter dem ständig wachsenden Luftaufkommen zurückgeblieben. Auch er betonte, eine verbesserte Koordinierung diene auch dem Schutz der Bevölkerung und der Hilfsorganisationen. „Sie haben ausdrücklich nicht die Aufgabe, geplante OEF-Luftoperationen zu koordinieren oder zu führen", betonte Erler.

„Operation Enduring Freedom" (OEF) ist der Name des Kampfeinsatzes, den die USA parallel zur Isaf-Mission der Nato in Afghanistan durchführen.